Vier Unternehmergatinnen im Abteil oder wer liest eigentlich GALA?

Montag, 5. Dezember 2005 10:03
An: 'Thea C. Francke'
Betreff: Maakie (s) e x k l u s i v!!!! Vier Unternehmergatinnen im Abteil oder wer liest eigentlich GALA?

Immer habe ich mich schon gefragt, wer liest eigentlich GALA? Seit heute habe ich eine Ahnung. Hamburger Unternehmerehefrauen auf Shoppingtour in die prickelnde Rheinlandmetropole Köln.

Die Umstände für tiefe Einblicke in die Seelen von hanseatischen "desperate housewives" konnten nicht besser sein. Eine Dame des munteren Mittvierigerquartetts belegte meinen reservierten Platz und musste mir ein wenig entgegenkommen und über den eingenommen Sitzplan verhandeln. Ich verzichtete auf meinen Fensterplatz und ordnete mich auf einem Platz an der Abteiltür ein.

Umgehend änderte sich die Atmosphäre im dichten Zweitklassenabteil. Männer wirken Wunder. Man blätterte in einem bekannten Hochglanzmagazin. Jede Seite „Gala“ bot Anlass zu diesem und jenen Thema aus der heilen Welt des verbliebenen Geldadels. Die Küchenausstattung Nicole Kidmanns konnte mit der eigenen verglichen werden und meist waren die Berichte gekrönt von der Erkenntnis, dass alle Gerätschaften, die in den Hollywoodheimen stehen auch in den Außenalsterheimen zu Diensten stehen. Das reichte von dem 1000-Euro Thermocooker bis hin zur Senseomaschine, eine Kaffeemaschine, in die man ein Kaffezäpfchen einführen muss, durch das heißes Wasser gepresst wird und eine Tasse Kaffee aufbrüht.

Bei meinem Palmi traf ich allerdings auf eine Bildungslücke. Ich erklärte, dass sei so eine Art logopädisches Managerlegospielzeug. Doch dann wurde in meiner Gegenwart das volle Programm abgefahren, das dann doch recht bald nachdenklich stimmte oder nur als Versuch gewertet werden konnte, einen graulippigen Geschäftsreisenden aus der Reserve zu locken. Oder was bedeutet es, wenn eingehend der Marie Jo Einhefter begutachtet wird und die Leibwäsche auf Tragefähigkeit diskutiert wurde? Die Modelle mit den schnürchenbreiten Gesäßpartie stießen nirgendwo auf Zustimmung und ich frage mich inzwischen, wer außer Models und Verzweifelten diese Dinger überhaupt trägt. Leider, man glaubt es kaum, zwischendurch ein Anruf bei der Nanny, ob Christian seine Tennisstunde wahrgenommen habe.

Freude äußert man, dass Tom Cruise wieder glücklich liiert ist, keine Häme, echtes Mitgefühl unter gefühlt Ihresgleichen.

Noch schwingt meine Freude über den durch Euch hart errungenen Frankreichurlaub nach, da fällt auch schon der Begriff, der alle Illusionen zerstieben lässt: Kampen! Ich höre noch Jens und Silvester und schon läuft der nächste Film. Auf meinem I-pod schwingt sich Barenboim im Mozartschen Klavierkonzert in höchste Höhen und ich bekomme nicht alles mit. Es raschelt die Gala und in der "alleswirdgut"-Stimmung wird mit dem Galahoroskop der Verlauf der kommenden Tage in den Blick genommen.

Und schließlich, ich hätte wetten können, irgendwann wird die erste meiner Damen Unternehmergattin auf Toilette. Man macht sich frisch, seit Hamburg sitzt man im Zug. Fahrkarte war ein Bahnspecial, die der normale Mensch ja nie abgreift, weil sie zur spätvormittäglichen Champagnerstunde ins Netz gestellt werden.

Dass ich aus Köln komme, freut sie, aber man höre es nicht. Auch meine Bemerkung, zu Weihnachtseinkäufen würden ich lieber nach Hamburg fahren, in Köln sei alles immer so prollig, verunsichert sie nur kurz, denn der Rheinländer an sich sei ja fröhlich. Ich spreche eine Empfehlung für den Weihnachtsmarkt am Alter Markt aus, der sei nicht so zugig und schlage einen Besuch am Vormittag im Brauhaus Früh vor. Auch der Dom mit den sterbliche Überresten der Heiligen Drei Könige solle nicht ausgelassen werden, die Geschäfte .so wiederhole ich mich, hingegen gäbe es in Hamburg schöner und regengeschützter. Bestenfalls haben sie mich an diesem Punkt für eine Haraldschmidtversion von Millowitsch gehalten.

Gala ist durch, die Themen auch, der Zauber in einem IC Zweitklassenabteil älterer Bauart auch in den Gängen gut gefüllt mit Menschen, deren Rücken sich platt an das Trennglas pressen, begrenzt tauglich, der Phantasie nachzuhelfen und aus dem Frühabend eine gelackte Galareisereportage zu machen: Sanft glitt der IC an rußigen Gasometern und fauchenden Hochöfen dem lieblichen Rheintal entgegen. Der livrierte Kellner brachte... (haha, ein Typ mit Preisen auf dem Sweatshirt nuschelt Kaffeewassertee und war weg).

Alles wird gut, sage ich mit männlichem Timbre, Köln HBF!, vorbei an Hürth, Brühl, Sechtem geht es in die Bundesstadt, die Stadt die niemals schläft, wer's hier macht, macht es überall, sang das nicht Frankie…?

Servus, so long, hummelhummel, Dein Galan