Autovermietungen – Wo der Kunde keine Hanswurst ist




Seit dem 11. September gehört das Reisen zu den sicherheitsrelevanten Aktivitäten. Kein Bahnsteig ohne Kameras und diskreter Beschattung. Auf Flughäfen werden schon seit längerem surrend Gürtel aus den Schlaufen gezogen und vorauseilend gehorsam alle Hosentaschenhabseligkeiten in Plastikschälchen gekippt und anschließend wieder auf alle Kleidungstaschen verteilt. Es ist meist der Flugschein, der da landet, wo man ihn später nicht vermutet, wenn in einem letzten Sicherheitscheck die Passagiere ihn vor Betreten des Flieger zu präsentieren haben.

So wie früher, als der Reisende noch zählte, geht es nur noch in Autovermietungen zu, wo der Kunde hofiert und bis zum letzten Kilometer versorgt wird. Nicht selten kann man aus den wichtigsten deutschen Zeitungen wählen und gleich wie ein wichtiger Daxvorstand fühlen, dem aufgefächert die Sekretärin Handelblattfazundfinancialtimesdeutschland auf die Seitenanrichte des Schreibtisches legt. Man zückt seine Autovermietkarte, die nach raschem Zug durch die Magnetstreifenerkennung ein Lächeln bei der Counterfrau hervorzaubert und dann flötet, "Herr Sowieso, ich kann Ihnen ein kostenfreies Upgrade geben, Ihr Audi A6 steht auf slot 27, Ihr Führerschein bitte zurück und gute Fahrt.“ Und klar, auf slot 27 (klingt besser als Parktasche) steht ein blitzblankes Auto wie aus der Vitrine. Öffnet man die Tür strömt einem gleich der süchtigmachende Neuwagenduft entgegen. Naja, erst einmal in den Ledersitz sinken, die Höhe regulieren, das Cockpit mustern. Zündschlüssel rein, die Systeme fahren hoch, das Navi auf standby. Rechts vom Fahrer ein Drehknopf mit Aluriffelung, drumherum vier Kontextmenuetasten, mit der man auf einem großen Multifunktionsbildschirm noch ein paar Befehle geben kann. Schnell ist über den Drehknopf das Ziel eingegeben. "Gentleman, start your engine", scheine ich zu hören und los geht's. Vom Lenkrad aus die wichtigsten Funktionen unter Kontrolle. Satt lassen sich die Bässe regulieren und die Subwoofer an die eigene Vibrationsempfindlichkeit anpassen. Keiner hat mich gebeten, meine Schuhe auszuziehen, das mitgeführte Notebook durch den Radar zu tunneln, überhaupt niemand hat mir einen Fenster- oder Gangplatz aufgedrängt. Mein Navi warnt vor einem Stau, rät aber, ruhig Blut zu behalten und berechnet die Ankunftszeit um paar Minuten nach hinten.

Die Sonne geht bald unter, denn das Licht schaltet sich ein, der Wagen schnurrt die A3 weiter ohne Mucks. Ein Eiskristall warnt vor Nullgrad. Jetzt sollte ich die Sitzheizung um ein paar Drehklicks höher stellen, ehe die Kälte in den Rücken reinkriecht.

Das Asphaltband zieht sich ewig, wie schön. Ob die Tankfüllung bis zur Côte d' Azur reichen würde?

Am Münchner Flughafen bin ich am Ziel. Noch immer ist mein Gepäck unberührt, meine Bordkarte unbeanstandet. Die Beschilderung leitet mich in eine Art Boxengasse. Menschen in reflektierenden Schutzwesten und Fahnen winken. Ein Gruß dem erlauchten Reisenden, ein herzlich "Willkommen am Ziel!".

Ich öffne den Schlag, entnehme meinen Mantel und mein Gepäck. Der Schlüssel bleibt stecken, ich drehe mich noch einmal um, aber ein Autovermietungsdienstmann hat bereits die Nummer vom Barcodestreifen am Rückkennzeichen eingescannt und der Wagen entschwindet.

Ach Augenblick, verweile..., ich reihe mich in die Fluggastwarteschlange, dem bezaunten Rollgurtirrgarten ein. Kein Lächeln, sondern barsch: Ihr Personalausweis?!

München, Flughafen, Terminal 1, 16.3.2007