Fifteenlove - Die Tennisrückkehr




Ella spielt Hockey, zunächst im Schnupperabo für wenig Geld, aber jetzt, wo sie dabeibleiben will und die letzten Ausrüstungsgegenstände bekommen hat, eine richtige Saison., Dazu musste sie nun in den Tennisundhockeyclub Schwarzweiß Ippendorf eintreten. Mindestens ein Elternteil muss als inaktives Mitglied ebenfalls beitreten.

Thea hatte sich den Tag der offenen Tür vorgemerkt, weil dann auf die Jahresgebühren ein Abschlag von 28% gewährt wurde. Toll, dachte ich und zusammen gingen wir zur Anlage. Dort lagen komplizierte Listen mit Mitgliedschaftskombinationen der Art, inaktiver Ehepartner, Kinder zwischen 6 und 14, nur Hockeyspieler etc. macht heute soundsovieleuro. Als Nichtbetriebswirt bin ich bei diesen Zahlenalternativen nach einer halben Seite resigniert und wieder bereit für den Heimweg. Doch sprang mir mein Alltagsvombahnhofnachhause-Mitradler und Tennismitglied Manfred Höhne zur Seite und empfahl mir gleich eine Berlinpendlermitgliedschaft für hunder Euro pro Saison. „100?“, fragte ich ungläubig, wo ich doch nur Kölnpendler sei. „Wir brauchen Dich für die Mannschaft, das ist doch klar, spielen darfst Du nur am Wochenende, unter der Woche trainieren wir, ist doch klar“. Naja, das Wetter war schön und die inaktive Mitgliedschaft, die es wenigstens hätte sein müssen, war nur 20 Euro günstiger. Also wurde ich wieder Tennismitglied und profitierte von dem einmaligen Umstand, dass nach dem Wegzug der Bundesregierung der Club drei Viertel seiner Mitglieder verloren hatte und nun händeringend Neue sucht, der die große Anlage, eingebettet am Ende des wunderschönen Melbtals weiterzubetreiben hilft.

Sozialisiert wurde ich, als Tennis ein elitärer Snobsport war, in der sich die Bensberger Gesellschaftsspitzen geschickt die sieben Plätze blockierten oder sich über die Ewigkeit ausdehnende Medenspiel Spielmöglichkeiten in den frühen Morgen- und späten Abendstunden ließen.

Im Studium war der Andrang angesichts der Erfolge von Boris Becker und Steffi Graf nicht geringer und einmal die Woche bekam man einen der begehrten Plätze zugewiesen, wo dann 10 Minuten vor Spielende das Anschlussduo die Spielzeit durch nervöse Blicke auf die Uhr und Einschlagübungen am Spielfeldrand vergällte. Später blieben die Ferien, wo in Hotelanlagen mehr oder weniger gepflegte Courts zum Gelegenheitsmatch mit Anwesenden luden oder kleine neckische Turniere mit Freidrink für den Sieger an der Hotelbar lockten.

Diese Gelegenheitsmatches mit ungewissem Glücksfaktor haben dank Ellas Hockeyengagement nun ein Ende. Als ich am Samstag beim Frühstück saß, stellte sich erstmals wieder das Gefühl, das ich zuletzt daheim in Bensberg verspürte, die Sonne schein und mit dem Frühstück im Rücken zum Tennisplatz.

Nach kurzer Fahrt erreichte ich de Anlage und ließ meinen Blick schweifen. Schütter belegte Plätze, weit und breit kein Platzhirsch. Auf den benachbarten Hockeyplätzen gepflegte Geschäftigkeit am Beginn eines Ligaspieltages. Mein Tennispartner kam und fragte kurz unsicher, „Center Court?“ Klar doch, für die Premiere genau richtig. Er frage nur, weil manche dann gleich Fracksausen bekämen und sich nicht den Blicken des frühen Gastronomiepublikums aussetzen wollten. Smack, mit einem kurzen fpffft entwich die Druckluft aus der jungfräulichen Balldose. Die schöne gelbe Filzkugel in Händen auf dem gerade besprengten Sand stehend, schwang ich mein Racket und der Balle entflog auf die andere Platzseite, wurde dort gepflegt retourniert und munter trat ich in die Welt des Klubtennis ein.

Ella und Luis waren als Ballkinder mitgekommen und sammelten eifrig die im Aus gelandeten Bälle ein und warfen sie nach kurzer Einweisung in die Ballzuwerftechnik den Spielern zu. Noch zwanzig Minuten hatten die Schläge die routinierte Sicherheit eines „Ichspieleschonseitüberzwanzigjahrenaufallenbelägen-Spielers und auf Wunsch meines Tennispartners, der gerade einen neuen Schläger erworben hatte, spielte ich abwechselnd auf Vor- und Rückhand.

Doch meine größte Freude ist das Serve-und-Volley-Spiel, das man auf rotem Sand als Profi ja nicht spielt, weil der Ball noch viel zu langsam ist und einem der Gegner – jedenfalls wenn er zu den besseren gehört – die Bälle links und rechts um die Ohren haut. Aber da ich mich eher in den moderaten Spielkreisen bewege, probiere ich es immer aus und daraus entwickeln sich dann in der Regel nach kurzer Zeit immer wieder spektakuläre Ballwechsel, wenn der Gegenspieler wegen meiner mangelnden Klasse, den Ball in Seelenruhe hoch über mich spielt (ein sogenannter Lob), ich aber als Dauerläufer mir diesen Ball selbstverständlich erlaufe und dann, um Zeit zu gewinnen, ebenfalls himmelhoch in die Höhe haue, um dann während der lange Flugphase wieder einigermaßen im Feld zu positionieren. Ein Profi würde natürliche einen solchen Ball in der Regel auf Nimmerwiedersehen zurückschmettern, aber im Amateursektor kommen auf solche Bälle überraschende Varianten zurück, etwa unmotivierte Stopps oder doch eine nur mühsam zurückgeschlagene Rückhand, die den nächsten normalen Ballwechsel einleitet. Und so verging die Zeit zwischen dem Plopplop an diesem sonnigen Wiedereinstiegstag, den ich Ellas Hockeyaktivitäten verdankte und mich, naja, sagen wir mal zwanzig Jahre jünger werden und meinen ersten Ballwechsel mit einem "Fifteenlove" enden ließ.

Nach dem Match bekam ich eine E-Mail, ob ich nicht in der laufenden Saison die Mannschaft verstärken wolle, das ließe sich schon regeln, aber da bat ich dann doch noch um ein wenig Bedenkzeit, denn einen so rasenden Aufstieg hatte ich mit meinem Eintritt nun doch nicht bezweckt und meine Laufschuhe habe ich auch noch nicht an den Nagel gehängt und ins Kino wollte ich auch noch und Grillen am Sonntag wäre auch schön, also mal gucken, wie es weitergeht., denn eigentlich wollte ich nur Tennis spielen.

5.5.2007