Über Schulbücher und Marxismus


Kinder im Schulalltag zu begleiten muss ja demnächst an die Krippenwärter und Tageseinrichtungsbetreuer delegiert werden, weil ein einziges Einkommen in der Regel für die bald die eigentliche Miete übersteigenden Nebenkosten benötigt werden und die allfälligen Aldilebensmittel vom zweiten Einkommen besorgt werden müssen.

Aber nun gegen Ende der Ära der Alleinverdiener hat mich ein gütiges Konzernschicksal von allen Frondiensten bis zum Ende des Vertrages freigestellt und täglich begleite ich meine Kinder bei den schulischen Pflichtaufgaben. Erschreckenderweise gibt es immer noch Lehrwerke, die in Aufmachung und Diktion satte Nahrung für Soziologenjünger hergeben und sich in wiesengrundadornolangen Ausführungen zur Klassen- und Schichtengesellschaft verlieren.

Munterer geht es da schon in Mathebüchern zu, die buntbildrig und mit kleinen Rechenskizzen die kleinen Adam Riesen ermuntern sollen, ihre Wurzelrechnung auf der Rückseite des Kassenzettels zu fertigen, der bei einer fünfköpfigen Familie ja eine beträchtliche Länge erreicht.

In "Zeit für Geschichte" geht es recht lebendig zu. Ötzi ist im Buntfoto in voller Länge zu besichtigen, wichtige Informationen sind in den "Focusinfoboxen" zusammengefasst.
Das könnte Freude machen, denke ich mir.

Im Politikbuch aus dem Jahr 2000 im Grafikcharme der 1980er ist ein typographisch bunter Bilderbogen, der viele politische Themen berührt und doch hoffnungsls veraltet wirkt. Das Buch selbst und seine Aussagen lesen sich mit dem Charme einer wiedergefunden alten Zeitung. Hoffentlich, so denke ich, wird es von den Lehrern zeitgemäß begleitet.

Latein ist zeitlos, aber hier begegnet man einem farbenprächtigen Band, der ganz beiläufig die damalige Lebenswelt der Römer abbildet und die asterixesken Bilder der Kindheit um etwas realistischeren Anblicken ergänzt (siehe Abbildung oben). Auch hier gibt es viele gut gemachte Infoboxen und man musste auch beim Farbdruck nicht mehr auf die in Schulbuchverlagen gern benutzte braune Farbe zurückgreifen. Vielleicht ist sie ja inzwischen verbraucht?

In der Grundschule freilich überwiegen Arbeitsblätter, deren Hauptqualität in der leichten Kopierbarkeit liegt und die Kinder spielerischer als ich es bei mir in Erinnerung hatte an viele Inhalte heranführt. Daneben gibt es Knobel- und Schreibwerkstätten, in denen komplizierte Figuren zusammengesetzt werden oder manch' schönes erzählerisches Kleinod entsteht.

Als Vorbereitung auf Arbeiten können sich Eltern aber noch mit selbstgebastelten Tests einbringen und diese nach Durchsicht mit Phantasienoten bewerten. E. bekam an drei aufeinanderfolgenden Tagen "hammerharte" Rechenaufgaben, K. musste T. zur Begutachtung einen französischen Text vorlegen, L. größte gemeinsame Teiler ermitteln oder Argumente Für und Wider Computer zusammenstellen.

Achja, sicher ist es nicht leicht, im buntschillernden Fernseh- und Internetzeitalter sich mit einem Lehrwerk bei Kindern zu behaupten. Die Balance zwischen Anbiederung und ernsthafter Wissensvermittlung muss gehalten werden. Das Wesentliche muss weitergegeben werden, modisches erkannt und abgesondert werden. Aber am Ende kommt dann ein Buch heraus, dem man seine Herkunftepoche ansieht. Die persönliche Ergänzung durch eine sensiblen Pädagogen ist also nicht ersetzbar. Und vermutlich auch nicht die eines oder zweier begleitender Eltern, die ja am meisten Interesse an einer soliden Bildung haben.

Doch wann sollen die Eltern das tun? Sie arbeiten doch zum guten Teil schon längst für die zweite Miete Nebenkosten? Jetzt z.B. stopfen sich gerade die Energiekonzerne die Taschen voll und erhöhen ihre Preise im fast zweistelligen Prozentbereich, während Aldi, das eigentliche Verbraucherministerium im Lande, die Milchpreise erhöht, weil die Chinesen jetzt auch mehr davon brauchen und die Preise am Weltmarkt nach oben treiben.

Vielleicht ginge es, wenn die letzten Sparpotentiale ausgereizt sind. Doch bald ist die letzte Lichtfassung im Haus mit der stimmungssparsamen Energiesparlampe bestückt, bald schon verbringe ich die Nächte in Winterunterwäsche und konditioniere meinen Körper auf milcharme Kost.

Und wenn die Eltern unter Anspannung aller Kräfte auch noch Erzieher sind, frage ich mich: Wird es uns gelingen nach einem Arbeitstag den Kindern Handwerkszeug und Hilfen für ihren eigenen Weg zu geben und Werte zu vermitteln, die von der Wirtschaftoligarchien im Land und der Welt sichtbar und mit zigarrenbestückten Porzellanhaifischlächeln mit Füßen getreten werden, indem sie große Teile der Gesellschaften zur Verfügungsmasse degradieren und die wirtschaftliche Abhängigkeit der meisten Arbeitnehmer ihnen die eigene Gestaltung ihrer Leben beschneidet?

Mobilität, Leistungsdruck, Degradierung zum Zahnrädchens in einem unüberschaubaren Organismus gehen mit Verlust von Identifikation und Lebenszielen einher. Allesamt schlechte Voraussetzungen, Kindern am Abend mit leuchtenden Augen die Regeln der Mathematik zu erklären, die mit aberwitzigen Spekulationen haltloser Fondsmanager gottgleich außer Kraft gesetzt werden.

Natürlich weiß ich, das dies nur die Leiden eines privilegierten Angehörigen der westlichen Welt sind, in die ich zufällig und gnädig hineingeboren wurde. Aber potentiell zähle ich zu denjenigen, die dem mächtigsten Teil der Weltgesellschaft angehöre und das Steuer mitrumreißen könnte. Aber selbst empfinde ich mich auf einem Marathonlauf, dessen Ziel nicht festliegt, sondern sich unaufhörlich weiter nach hinten verschiebt.

Als Lösung böte sich der sofortige Ausstieg an und das Glück im Winkel zu suchen. Aber die Vereinzelung der Werktätigen ist gewollt. Entlassen, ausgebrannte Arbeitnehmer, zugleich Erzieher ihrer Kinder, haben bei Aussichtslosigkeit einen neuen Job zu finden bestenfalls den Mut zum selbständigen Neubeginn und reüssieren vielleicht damit zu einem geringen Protentsatz . Ihre Stimme jedoch verhallt als Einzelruf.

Am Ende meiner Betrachtung kehrt mein Blick doch schon zum bereits gebrandmarkten wiesengrund'schen Soziogiebuch. In der Verachtung für die globalisierte Wirtschaftwelt, wie es Marxundengels nicht besser hätten empfinden können, hege ich fast schon Sympathien für die in die Jahre gekommenen Gesellschaftserklärungsmodelle, die unsern Kindern vermittelt werden. Doch letztlich aus ohnmächtigen Zynismus!

Am Abend sitzen wir als letzte Mohikaner von Bonn um das häusliche Lagerfeuer und fragen als Teil unseres vor Ausrottung bedrohten kleiner gewordenen Stammes Lateinvokabeln ab. Begrabt mich - so denke ich - als letzte Reminiszenz an meine Heimat beim Verscheiden in die ewigen Jagdgründe an der Biegung des Flusses, also am Rhein, vorausgesetzt PostdhltelekomTKKG oder sonstwer haben noch etwas Platz gelassen. Am Himmel steigen dann Rauchzeichen hoch und bilden die Buchstaben R.I.P., wenn das dann noch jemand versteht.


Düsseldorf (Reuters) - Nach dem Energiekonzern RWE planen nun auch die Konkurrenten E.ON und MVV deutliche Preiserhöhungen.

E.ON kündigte am Montag an, zum 1. Januar 2008 die Energiepreise für Privatkunden anzuheben. Der Preis für Strom werde bis zu zehn Prozent steigen, der Gaspreis bis zu neun Prozent. MVV Energie will den Standard-Stromtarif zum Jahreswechsel um 4,2 Prozent erhöhen. Der Preis für Fernwärme werde um durchschnittlich 5,7 Prozent steigen, teilte der Regionalversorger mit Sitz in Mannheim mit. Von Politikern und Verbraucherschützern hagelte es Kritik.

Zur Begründung nannte E.ON höhere Beschaffungskosten und Belastungen durch die Förderung der erneuerbaren Energien. Die Strompreise der sieben Regionalversorger würden 2008 zwischen 7,1 Prozent (E.ON Hanse) und 9,9 Prozent (E.ON Bayern) steigen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden erhöhten sich die Stromkosten dadurch um etwa 4,30 bis 5,80 Euro pro Monat. RWE hatte Anfang Oktober eine Erhöhung der Strompreise ab Januar 2008 in drei Regionalgesellschaften um bis zu neun Prozent angekündigt.

Die Gaspreise der E.ON-Regionalgesellschaften werden zwischen 3,4 Prozent (E.ON Thüringen) und 8,8 Prozent (E.ON Westfalen Weser) erhöht. Dies entspricht Konzernangaben zufolge bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 25.000 Kilowattstunden einer monatlichen Mehrbelastung von 4,96 bis 11,40 Euro. Zur Entwicklung der Gaspreise ab 2008 hat sich Konkurrent RWE bislang nicht geäußert.

"OFFENE KRIEGSERKLÄRUNG"

Seit Monaten kritisieren Politiker und Verbraucherschützer die Energiepreise in Deutschland als überhöht. Ursache sei mangelnder Wettbewerb auf dem deutschen Markt, den sich im Wesentlichen RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall Europe teilen.

Der Vorsitzende des Bunds der Energieverbraucher, Aribert Peters, bezeichnete die geplante Preiserhöhung von E.ON als "offene Kriegserklärung" an die Politik und die Verbraucher. "Sie hat keine sachliche Rechtfertigung, außer den eigenen Gewinn zu steigern", fügte er hinzu. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber äußerte sich ähnlich. Ein Blick in die Bilanz des Konzerns zeige, dass überzogene Gewinnerwartungen der wahre Grund für die Preiserhöhungen seien, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir halten die Preiserhöhungen insbesondere beim Strom für völlig überzogen und ungerechtfertigt", fügte er hinzu.

"Wir haben offensichtlich noch immer nicht ausreichend Wettbewerb bei der Stromerzeugung", kommentierte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) die E.ON-Pläne. Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) kündigte eine Überprüfung der Preiserhöhungen durch die Landeskartellbehörde an. Gegebenenfalls würden Maßnahmen gegen die Versorgungsunternehmen eingeleitet.