Leg endlose Weiten durch Bonn zurück! oder I'm a Legend


Leider fuhr der nach Bonnhbf annoncierte Zug nach Beuel, weil die durch übermäßigen Güterzugverkehr geschändete linksrheinische Zugmagistrale wieder einmal durch eine zerfetzte Oberleitung blockiert war. Damit verann auch die großzügig bemessene Zeitreserve für die Fahrt zu einem abendlichen Theaterbesuch im Nu bereits beim Zwischenhalt im trostlosen Troisdorf.

Nun durfte man freilich auf einen bereits eingerichteten Schienersatzverkehr hoffen, denn die Störung bestand ja schon eine Weile? Man wähnte sich in Beuel einem Vorplatz voller Taxen, die die sich ergießenen Reisenden in schneller Fahrt nach Bonn chauffieren würden.

Aber zur Freude Darwins balgten sich die Stärksten unter den Fahrgästen um die wenigen Droschken, während der Rest des Pulks sich um fein illuminierte Haltestellendisplays scharte und mit offenem Mund auf die Zahl 14 schaute, die die Anzahl der Minuten bis zur nächsten eintreffenden Straßenbahn bezeichnete.

"I'm a legend", rief ich mir mutig zu, verließ die brodelnde Menge und ging an den hochgeklappten Bürgersteigen Beuels vorbei durch eine gespenstig einsame Stadt, als letzter überlebende Berufspendler.

Und doch wurde das Schicksal wieder erträglich als ich mir im leeren Kaiser's Bier und Chips fischte, um mich darüber zu trösten, dass ich die Banalität der Liebe , zu deren Aufführung in den Kammerspielen Bad Godesberg (in einer ÖPNV-fernen Galaxie also) gegen die Banalität des Nahverkehrs mit seinen titanischen Herausforderungen getauscht hatte.

Am Ende dieser legendenreichen Reise versank ich im Fauteuil des Sofas und sah wie sich Frodo gegen all das Böse durchsetzte und nur beim letzten Schwerthieb zitterte die Schaumkrone meines Bieres leicht.

Zwischenzeitlich wurden meine Erlebnisse verfilmt. Am Wochenende fahre ich ins Kinound schaue es mir an, ... mit dem Rad!

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Fotoquelle: warnerbros.com; Nokiaclassic6500