Fwd: Rheinneckarfahrt gesammelte aufsätze

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Gesendet: Donnerstag, 16. November 2006 14:43
An:
Betreff: Kröpckeuhr
eine kleine innere Beziehung zu Hannover stelle ich js üver due Kröpckeuhr her, andee oin Hannover die Nahverkehrslinien zusammenlaufen. Schoss ein Erinnerungsfoto bei meinem insgesamt erst dritten Besuch ib der niedersächsischen Landeshauptstadt. Seltsame Mischung aus korrekt sprechenden Menschen, die so ei Zwischendingg zwischeb seeerprobten Nordeeutschen und knorrigen Westfalen darstellen. Blond, ein bißchen pickelig, glatte Waussrqche und ziemlich straight. Die Fussgängerzone zeigte dich politisch korrekt, aber auch ein wenig langweulig ohne spezielle markante Erinnerungspunkte. Aber wahrscheinlich befindet sich Flanzundgloria ib einer Ernstaugustwarteschleife, denn der Nachfahr des König von Hannover trat allenfalls als Pinkelprinz in Erscheinung. Das welfenschloss, von aussen hui, beherbergt im maeoden Innern die Univerwaltung.
Due Uni selbst ist im ehenaligen Contoverwaltungssitz daheim. Im Vorstandsbau reguet auf der Studikerherrentoilette noch der Marmor von einst, eine Ausstattunt die sich fzr due Damen im ganzen Haus nixg findet und sehr lebendig die Wirtschaftswelt der Nachkriegszeit spiegelt.
Abee im Innern präsentiert sich diese Stuttgqrt des Nordenw technisch fein mit WLan im Unigrväude und einem w0hnurrwnden Nahverkehr, das auf die Dimensionen einer Expo ausgelegt war, heute aber gemütlicj weniger Menschen zu verschieben hat.
Jahr für Jahr findet in Hannover das größte Schützenfest der Welt statt, der Hannoveraner nimmt es wahrscheinlicj sxhweigend zue Kenntnis und verabredet dich an der Kröpckeuhr zur Currywurstbude, die in Reminiszemz auf die alte Vorliebe des Exkanzlers S0hröders offenbar wir Pilze aus dem Boden geschossen sind.
Wchade, nach meinem Vortrag hättw ich mich gerne gelabt, aber sie Zeit reichte nicht mehr. Das hole ich daheim bei meiner Kröpcke auf dem Schteibtisch nach.

Betreff: Boxenstopp

Heute ein kleiner Autotest, bis gleich, Dein Markus oder Papi


Seit dem 11. September gehört das Reisen zu den sicherheitsrelevanten Aktivitäten. Kein Bahnsteig ohne Kameras und diskreter Beschattung. Auf Flughäfen werden schon seit längerem surrend Gürtel aus den Schlaufen gezogen und vorauseilend gehorsam alle Hosentaschenhabseligkeiten in Plastikschälchen gekippt und anschließend wieder auf alle Kleidungstaschen verteilt. Es ist meist der Flugschein, der da landet, wo man ihn später nicht vermutet, wenn in einem letzten Sicherheitscheck die Passagiere ihn vor Betreten des Flieger zu präsentieren haben.

So wie früher, als der Reisende noch zählte, geht es nur noch in Autovermietungen zu, wo der Kunde hofiert und bis zum letzten Kilometer versorgt wird. Nicht selten kann man aus den wichtigsten deutschen Zeitungen wählen und gleich wie ein wichtiger Daxvorstand fühlen, dem aufgefächert die Sekretärin Handelblattfazundfinancialtimesdeutschland auf die Seitenabrichte des Schreibtisches gelegt hat. Man zückt seine Autovermietkarte, die nach raschem Zug durch die Magnetstreifenerkennung ein Lächeln bei der Counterfrau hervorzaubert und dann flötet, "Herr Sauerwald, ich kann Ihnen ein kostenfreies upgrade geben, Ihr Audi A6 steht auf slot 27, Ihr Führerschein bitte zurück und gute Fahrt. Und klar, auf slot 27 (klingt besser als Parktasche) steht ein blitzblankes Auto wie aus der Vitrine. Öffnet man die Tür strömt einem gleich der typische Neuwagenduft entgegen, der süchtig machen kann. Naja, erst einmal in den Ledersitz sinken, die Höhe regulieren, das Cockpit mustern. Zündschlüssel rein, die Systeme fahren hoch, das Navi auf standby. Rechts vom Fahrer ein Drehknopf mit Aluriffelung, drumherum vier Kontextmenuetasten, mit der man auf einem großen Multifunktionsbildschirm noch ein paar Befehle geben kann. Schnell ist über den Drehknopf das Ziel eingegeben. "Gentleman, start your engine", scheine ich zu hören und los geht's. Vom Lenkrad aus die wichtigsten Funktionen unter Kontrolle. Satt lassen sich die Bässe regulieren und die Subwoofer an die eigene Vibrationsempfindlichkeit anpassen. Keiner hat mich gebeten, meine Schuhe auszuziehen, das mitgeführte Notebook durch den Radar zu tunneln, überhaupt niemand hat mir einen Fenster- oder Gangplatz aufgedrängt. Mein Navi warnt vor einem Stau, rät aber, ruhig Blut zu behalten und berechnet die Ankunftszeit um paar Minuten nach hinten.

Die Sonne geht bald unter, denn das Licht schaltet sich ein, der Wagen schnurrt die A3 weiter ohne Mucks. Ein Eiskristall warnt vor Nullgrad. Jetzt sollte ich die Sitzheizung um ein paar Drehklicks höher stellen, ehe die Kälte in den Rücken reinkriecht.

Das Asphaltband zieht sich ewig, wie schön. Ob die Tankfüllung bis zur Côte d' Azur reichen würde?

Am Münchner Flughafen bin ich am Ziel. Noch immer ist mein Gepäck unberührt, meine Bordkarte unbeanstandet. Die Beschilderung leitet mich in eine Art Boxengasse. Menschen in reflektierenden Schutzwesten und Fahnen winken. Ein Gruß dem erlauchten Reisenden, ein herzlich "Willkommen am Ziel!".

Ich öffne den Schlag, entnehme meinen Mantel und mein Gepäck. Der Schlüssel bleibt stecken, ich drehe mich noch einmal um, aber ein Autovermietungsdienstman hat bereits die Nummer vom Barcodestreifen am Rückkennzeichen eingescannt und der Wagen entschwindet.

Ach Augenblick, verweile..., ich reihe mich in die Fluggastwarteschlange, dem bezaunten Rollgurtirrgarten ein. Kein Lächeln, sondern barsch: Ihr Personalausweis?!

Markus J. Sauerwald,

München, Flughafen, Terminal 1, 16.3.2007



Betreff: Auf der Reise - Bonn bis Stuttgart einen Monat vor Weihnachten 2006
Nach den nasskalten Eskapaden der letzten Tage präsentierte sich der Morgen ganz passabel. Schon beim Überqueren der Kennedybrücke funkelte das Bonner Rheinufer liebenswert einladend. Fern war die rosa erleuchtete Baustelle der Telekomzitty zu erkennen. Der Opernkubus glühte wie ein überdimensionierter Alarmknopf des Raumschiff Enterprise , um das Ende der musischen Erziehung anzuzeigen. Am Brückenforum glaubte ich eifrige Tontechnikerinnen beim Editieren Deines Radiointerviews in den Raeumen umherhuschen zu sehen. Ab Beuel füllte sich der Telekomexpress mit Schulkindern , Jungs in Armeekleidung , die Mädels mit stofftierbehängten Rucksäcken.

In Siegburger Bahnhof machte sich die bunte Mischung von Berufspendlern und angeheiterten Belegschaftstrupps auf Weihnachtsmarktseröffnungstour breit und versorgte sich je nach Zustand mit deftigem oder Buttergebäck.

Am Bahnsteig wiesen die computergesteuerten Sprachansagen auf ein- und ausfahrende Züge hin , versagten aber , als man auf einen Zug mit veränderter Wagenfolge hinweisen musste. Da war der Chef gefragt und das rheinische Idiom nach den aseptischen Ansagen vorher , liess etwas Wärme auf dem zugigen Bahnhof spüren.

Im Zug die uebliche drangvolle Enge bis Frankfurt ehe sich ab Mannheim die Lage deutlich entspannte und ich meinen Bürokoffer oeffnen und mir meinen rasenden Arbeitsplatz einrichten konnte. Zwischen den ueblichen Verlagsanfragen gesellen sich nun die chromblitzenden Konzernmeldungen wie ein businessbegleitendes Mantrabrummen , das entseelte Managerseelen auf Trab halten soll: "...stronglastquartermeetsourlongtermbusinessdevelopmentplabnwithstrongorganicgrowth..." Bei dem letzten Wort denke ich nur an Krebsgeschwuere, da wuchert es auch kraeftig unproduktiv. Im e-Mailverteiler unseres Firmenbundesligatippspiels, das auf meine Initiative noch die letzte klassenlose Gesellschaft ist, wird zum Angriff gegen die Spitzentipper geblasen (leider bin ich betroffen). Naja , mal abwarten , ob nicht diese Bastion haelt.

Stuttgart - Kundschaft , die die schwäbsche Eisenbahn verlaesst und sich nun in die Obhut des Bundesunternehmens begibt. Schoene Erinnerungen an einen lauen Spaetsommerlauf an den Gestaden des Neckars kommen auf , wo ich mir am Rande des Juristentages den Marathonfeinschliff holte.

Die Tüftler , die beim Bosch schaffen , verbreiten Geschaeftigkeit. Ich schliesse mich an. Adé , bis später.

Dein Markus



Gesendet: Freitag, 24. November 2006 17:42
An:
Betreff: München: Frühlingsüberfall
In Muenchen blies mir gleich eine kraeftige Föhnböe ins Gesicht. Noch auf dem Bahnsteig entledigte ich mich meines Schales , um mich verabredeterweise zum Odeonsplatz zu begeben. Der weihnachtliche Festschmuck umrankte bereits die Kaufhäuser. Ich bahnte mir mit Köfferchen ein Weg durch die Menge , um einen raschen Blick in die Michaelskirche zu nehmen. 1987 hatte ich hier in der Sakristei nach einem Ratzingergottesdienst Eintrittskarten für die Papstmesse tags darauf im Olympiastadion bekommen. An der Frauenkirche vorbei gings zum Odeonsplatz. Wie die Sonnenblumen , mit dem Kopf ausgerichtet, hockten die Menschen an winzigen Tischen um einen Latte zu trinken.

Überhaupt , mit Abstand von ein paar Jahren schaut man sich diese aufgeputzte Muenchner Gesellschaft halb bewundernd , halb befremdend an.

Mit einem Kollegen traf ich mich in einem der vielen Kaffeebars, die hier wegen der naehe zu Italien fogerichtig entstanden sind. Es sind Raumschlaeuche , in denen man aufgereiht an einer Fensterfront steht und wie lebendige Schaufensterpuppen 6 Marks-Kaffee trinkt. In den Passagen viele Menschen , die alle etwas axelhacke'sches haben , mit stark gerandeten Brillen und sorgfaeltig gescheiteltem Haar. Nach sovel Catwalkkaffee musste ich es wieder etwas bodenstaemmiger haben und genehmigte mir eine Leberkaessemmel die schwer in der Hand lag und mit dampfenden Fleisch belegt war. Ich schlenderte durch die Fussgaengerzone zurueck, vorbei an den Fassaden mit den alten Namen und Werbeschildern und den neuen Mietern , die garnichts mehr mit dem seinerzeitigen genmein haben: Haus Oberpollinger, Volksfürsorge....

Der Bahnhof von aussen in die Jahre gekommen , zeigt sich im Innern in der neuen DB-Businessloungelaunigkeit in Glas und Stahl , vielen Ess- und Trinkstationen. Heitere Mittdreissigerinnen und -dreissiger ziehen ihre Trolleys zu den Bahnsteigen. Sieht oft verdaechtig nach Fernbeziehung nach einer Woche allein aus.

Am Garmischer Bahnhofsfluegel wartet bereits der Zug nach Innsbruck. Das Muenchner Fruehlinhserwachen ist vorueber, die Leberkaessemmelserviette verschwindet im Papierkorb. Die Reise geht weiter zum Starnberger See.






Gesendet: Samstag, 25. November 2006 17:34
An:
Betreff: Ettal im Winterfrühling
Der Bus ab der Bahnstation Oberau liess nicht lange nach der Ankunft des Zuges auf sich warten. Routiniert schraubte der Fahrer das Gefaehrt vom Tal auf die Hoehen Ettals. Durch den Haupteingang betrat ich die Klosterkirche , wandte mich gleich nach links zur modernen Winterkirche und betrat bei bereits angestimmten Vesperchorgesang den Raum. Pater Maurus im Chorgestuehl deutete an , dass er mein Kommen bemerkt hatte. BeIm Auszug der Moenche verabredeten wir uns im Vorbeigehen rasch für den Abend.

Durch die nur spaerlich erleuchteten Gaenge ging ich zum Refektorium , das die Gaeste als Erste betreten duerfen. Nach einem kurzen Tischgebet im Stehen werden rasch die Speisen am Tisch platziert, waehrend ein Tischleser kapitelweise aus dem Leben des Ehepaar Curie vortraegt. Das Schweigegebot bei Tisch ist eine feine Sache , weil dem Essen wieder volle Aufmerksamkeit zukommt. Es gab Brot und Aufschnitt , aber jeder Bissen wird wieder erlebt. Auch das gereichte Ettaler Bier mundet. Ein Ausblick des Tischlesers auf die oder den Heiligen des naechsten Tages , der liturgisch mit dem Sonnenuntergang des laufenden Tages beginnt , schliesst die Mahlzeit ab. Zwischen dem Abendessen und der abschliessenden Komplet liegt die halbstuendige Rekreation , in der wieder gesprochen wird und auch andere Moenche an die Gaeste herantreten.


Schon bald mahnt die Glocke , manche Brueder lehnen im Halbdunkel an den Türpfosten ihrer Zellen, was in schreckhafteren Geister sicher Albtraeume bescherte. Im Dunkel reihte ich mich in den Strom der Kuttentraeger ein. Die Winterkirche ist angenehm temperiert, der Organist spielt ein kleines Motiv , ehe der lateinische Gesang erklingt.

Später holte mich Pater Maurus ab , um auf seinem Zimmer einen Roten aus Südtiroll zu kredenzen. Tiefe Ruhe liegt ueber Ettal , kein Knarzen der Dielen , nur die Uhr im Viertelstundentakt.

Der Heimweg in meine Zelle ist nicht weit. Ich sinke in einen tiefen Schlaf. Mein Gesicht fuehlt sich von der ungeheuren Milde der Luft , selbst hier auf der Hoehe , erhitzt an: Ein Winterfrühling eine Woche vor dem ersten Advent.



Gesendet: Sonntag, 26. November 2006 20:10

Betreff: Ettal am Sonntag - Abschluss meiner jaehrlichen Einkehr
Bis Viertel nach Mitternacht hatte ich mit Pater Maurus in seiner Zelle beim Rotwein gesessen und damit für meine kloesterlichen Verhaeltnisse ziemlich ueber die Straenge geschlagen. Denn auch wenn die Morgenhore sonntags erst um 6, statt zur ueblichen Zeit um Viertel nach Fuenf stattfindet, viel Schlafenszeit blieb nicht mehr. Aber natuerlich sank ich schnell in einen tiefen Schlaf und erschrak sehr ueber den morgendlichen Weckruf.

Schnell sprang ich unter die heiße Dusche, um zumindest aufgewaermt den kalten, spaerlich erleuchteten Flur zu betreten, der zur Hauskapelle fuehrt. Mein Monastisches Stundenbuch mit den vielen Lesebaendchen hatte ich zum Glueck tags zuvor im wachen Zustand vorbereitet. Kein Vergleich zu meinem privaten, abgegriffenen, aber uebersichtlichen Stundenbuch. Natuerlich wird im Kloster ausladender, ornamentreicher gebetet und wunderbar gregorianisch gesungen, da muessen die einzelnen Betelemente waehrend der Morgenhore mit Hilfe vieler bunter Baender schnell angesteuert werden koennen.

Mit schweren Augen, aber mit innerlicher Vorfreude lehnte ich an meinen Betstuhl. In Abwesenheit des Abtes oblag die Betleitung Pater Maurus. Er gibt das Zeichen zum Beginn und startet jeden neuen Abschnitt: In Fußballkategorien ist er der Regisseur auf dem Spielfeld. Und trotz des gleichen Schlafdefizits war er gleich hellwach auf dem Spielfeld, korrigierte diskret einen Mitbruder der sich im Lesebaendergestruepp verheddert hatte und das Morgenlob in die falsche Richtung lenkte.

Beten im Kloster findet in einem monotonem Sprechgesang statt, der nicht einzelnen Worten Betonung und damit Prominenz gibt, sondern das Gebet als Ganze wirken laesst. Das ist beim ersten Mal gewoehnungsbeduerftig, verdichtet sich aber irgendwann zu einem eingaenglichen Wortstrom, der allein von der Schoenheit der Psalmen lebt, von der Verzweiflung, Freude oder Dank, die aus ihnen sprechen. Die Morgenhore dauert eine Dreiviertelstunde. Der Rueckweg zur Zelle ist schon ein wenig freundlicher. Angenehmes Daemmerlicht dringt durch die Fenster. Ueber den Bergwipfeln ist bereits ein blauer Himmel zu erahnen. Noch bleibt ein wenig Zeit bis zum Fruehstueck mit den Mitgaesten. Die erste Mahlzeit des Tages findet als einzige ausserhalb der kloesterlichen Gemeinschaft statt, um die Moeglichkeit zum Austausch zu geben. Der Gastpater bringt die Gaeste zusammen: es kam wie so oft eine bunte Mischung zusammen. Chefarzt aus Franken, Typ. Schwarzwaldklinikchefarzt mit großen Gesten und Einstecktuch, ein Landgerichtspraesident, freundlich, guetig, aus dem uebersichtlichen Bamberg, ein junger, nach Hamburg uebersiedelter, Lette, ein norwegischer Lehrer.

Nach den Anstrengungen des Morgens freute ich mich ueber den heissen Kaffee, griff beim Weissbrot und dem selbstgemachten Honig zu und liess die Gespraeche an mir vorbeifliegen. Das angenehme im Kloster ist das uebliche Schweigegebot bei Tisch und auf den Fluren. Inzwischen flutet die Sonne ins Hochtal, Gipfel und die gruenen Matten rings ums Kloster leuchten. Bis zum Morgenhochamt ist noch Zeit. Einige Brueder nutzen die milde Witterung um sich vor die sonnenbeschienene Klosterwand zu setzen und Sonne für den Winter einzufangen. Ich begebe mich noch einmal an den Ortsrand und sehe mir dieses wunderbare Klosterensemble aus der Entfernung an. Aus der Fruehmesse stroemt eine Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr, einige Frauen in Tracht folgen. Aus dem Internat hoert man vereinzelte Kinderstimmen. Wieder begebe ich mich in die kloesterliche Klausur und betrete den Hochchor durch die halbrunden Zugaenge. Sie sind jetzt vollstaendig von der kraeftigen Wintersonne beschienen. Der Chor ist kalt. Die Moenche ziehen ein, wieder wird gregorianischer Gesang angestimmt, Pater Maurus haelt die Predigt zu Christkoenig. Nach dem Schlusssegen zieht die Gemeinschaft aus in die praechtige Sakristei, in der sie Ihre weissen Messgewaender ablegen und sie wieder in ihren schwarzen Kukullen erscheinen lassen. Alle ziehen zum Refektorium. Die Moenche nehmen vor ihrem hufeisenfoermigen Tisch Aufstellung und schliessen das offene Ende durch eine Reihe Mitbrueder. "Benedicite" und ein kleines Tischgebet folgt. Dann endlich die Speisen, heute eine kraeftige Leberknoedelsuppe, die zunaechst dem Ranghoechsten serviert wird, ehe Schuesseln und Vorlageplatten rasch auf die Tische verteilt werden und auf vorbestimmten Wegen schnell die Runde machen. Als Hauptgang Reis, Gemuese und Rindfleisch. Den Nachtisch gibt es nach der Mittagsnon, dem Gebet zur neunten Stunde im Lesesaal.

Es ist eingedeckt, die dampfenden Kaffeekannen stehen bereit, kuchenplatten werden gereicht, eine muntere Plauderei untereinander beginnt. Um Zwei, ich habe mich von meinen Gastgebern verabschiedet, ist der Saal leer, eine tiefe Ruhe liegt ueber dem Kloster, viele Brueder ziehen sich zurueck, manche gehen nach draussen.

Die Sonne hat auch ausserhalb Wanderer, Mountainbiker gelockt und so entfaltet sich die Freizeitgesellschaft und ergiesst sich ueber Wege, Weiden und Waelder.

Mit Pater Maurus fahre ich talwaerts, er parkiert das Auto vor dem Bahnhof in Oberau und im Tal wandern wir gen Garmisch, keine Wolke am Himmel, die Zugspitze vor uns. Das Gespraech kreist um dieses und jenes, kleine Berichte aus dem Alltag, nichts Schweres an diesem heiteren Tag eine Woche vor dem ersten Advent. Schon sind erste Weiden im Tal beschattet. Der Zug Richtung Innsbruck passiert schon den Bahnhof, noch ein paar Minuten für den Abschied. Studenten, Wanderer, Ausfluegler besteigen die Regioinalbahn, die schon mit den ersten Snowboardern gefuellt ist. Die Bahn windet sich durchs Murnauer Moos, Murnau ist auf der Hoehe zu erkennen, die Stadel auf den Weiden erinnern an die Bilder der "Blauen Reiter", dann senkt sich schnell die Daemmerung und schon im Dunkeln wechsle ich in Pasing den Zug. Die Berge liegen wieder im Ruecken, der ICE nach Muenster gleitet sachte fort. In meiner Jackettasche drueckt mein "Ein-Mann-Kloster", das "Kleine Stundenbuch". Achja, auch in Ettal versammeln sich die Moenche gerade. Aber nun hier im Zug komme ich wieder mit einem Lesebaendchen aus.

ICE 512, kurz vor Stuttgart



Gesendet: Freitag, 6. Oktober 2006 15:08
An: T
Betreff: Die Kraft des Wortes Buchmesse 2006
Die Buchmesse in Frankfurt ist schon allein wegen der ihrer Größe ein fünftägige Werkhalle, in der fertige und halbfertige Produkte präsentiert werden, die Programmingenieure ihre neuen Erfindungen präsentieren und sich einem kritischen Publikum stellen.
Nie im Jahr sind mehr Literaten, die Verbreitungsmaschinerie, Verkäufer und Lese an einem Platz versammelt als in den fünf Tagen des Oktobers. Aber in den Menschenströmen die zwischen den Kojen durch die Gänge mäandrieren, ist im Grunde wenig Raum für Lektüre und dem Gespräch. Literatur findet "on the go" auf den Fernseh- und Radiobühnen der Messe am Rande der Menschenlavaströme statt. So verfliegt das Wort, die gelungene Antwort in den Wogen der Geräusche, die die Bühnen umgeben.
Am Freitag sollte in einer Literaturaufzeichnung des ZDF der Büchnerpreisträger Pastorius zu Wort kommen. Er war zwei Tage zuvor schon in Frankfurt in Erwartung der Buchmesse verstorben. So kam sein Verleger Michael Krüger von Hanser an seiner Statt zu Wort. Seine lobenden Worte auf den Verstorbenen ließen innehalten. Ein Mann, der sich die Sprache habe erschließen müssen "vom Sicheren ins Tausende" und doch zu einer Sprachvirtuosität gelangte, die es nicht leicht gemacht habe, ihm zu folgen oder zu verstehen. Ich bedauerte bereits, diese Begegnung mit dem Verstorbenen nicht mehr machen zu können, denn seine Passion sei gerade auch das Vorlesen seiner Texte gewesen un diese Möglichkeit war mir nun verwehrt.
Vielen der Zuseher an der TV-Bühne mag es in diesem Moment ebenso gegangen sein. Auf einem Monitor blickte der verstorbene Pastorius auf das Publikum. Aber dann ließ die Moderatorin ein Hörstück des Autors, von ihm selbst vorgetragen, einspielen. Mit kaum vernehmbarer Stimme und einem eigentümlich südosteuropäischen Akzent trug er einen rätselhaften Text vor, der dennoch die meisten atemlos bannte. Spinnwebenhaft breiteten sich die Sätze aus, ungemein lautmalerische Worte erzeugten Stimmungsbilder und ließen Zeit und Ort vergessen. Die Magie der Literatur, lebendige Bilder im Kopf, die Raum und Zeit vergessen lassen, zu erzeugen,wurde Wirklichkeit. Die Kraft der Worte, war in diesem Moment stärker als die mit ungemeinem Energieaufwand realisierte Inszenierung dieser Buch- und Medienshow.
Auch in einer weiterne Veranstaltung dieses Tages bekamen Worte und Sätze wieder ihre Energie, die Sie in der grellbunten Medienwelt schon aufgebraucht zu haben schienen. In einem Beitrag über das sogenannte Podcasting, also dem Verbreiten gesprochener Inhalte auf mobilen Abspielgeräten befasste sich ein Expertengremium mit der Verbreitung von Literatur auf diesem Wege. Schüler liessen sich Goethes Werther lieber vorlesen, einige Verlage stellen Trailer zu Neuerscheinungen ihrer Bücher ins Netz und wecken so Interesse für diese.
Wo Raum zum Hören war, da wurde die Literatur, die in Frankfurt ihr Fest feiert lebendig. Und, oh Wunder er entstand urplötzlich am Rande der gerade zu Ende gegangenen Veranstaltung in der Halle der chinesischen Verlagen. Es war Mittag und im anwesenden Reich der Mitte wurde an die Aussteller gefüllte dampfende Reisschalen gereicht, eine mittägliche, kontemplative Stille legte sich über "Werkshalle Band M" in Halle 6.1 und alle Worte des Morgens klangen nach.
Markus J. Sauerwald, Frankfurter Buchmesse 6.10.06, 14:46.
Markus J. Sauerwald

Gesendet: Donnerstag, 14. September 2006 20:04
An:
Betreff: Businesskackophonie
an manchen Tagen ist Deutschland ganz intensiv unterwegs. Alle Sommerferien zu Ende gliedert sich das vollbesetzte Arbeitsheer in die Verkehrsströme der raschen ICE-Rohrpostverbindungen. Aber das in der Werbung strahlende Bild ineinandergreifender Zahnrädchen bekommt doch hie und da durch ins Getrieb gestreuten Sand kleine Risse. In die kurze routinierte Schockstarre der freundlichen Bahnbegleiterdurchsage "...wegen einer Störung im Betriebsablauf verzögert sich die Ankunft...." folgt alsbald eine sanft anschwellende, schließlich gewaltig werdendere Kackophonie, die sich aus den Geräuschen ungezählter Kommunikationsmittel zusammensetzt und mit dem Gesang von Dialogfetzen im beethovischen Sinn modern angereichert wird. Längst sind Mobiltelefonsignaltöne über Standardsignale hinaus Ausdruck individueller Vorlieben und Neigungen geworden. Klingelnostalgiker, Modernisten, Systemtonfetischisten, dem Lautlosmodus Verschriebene , jeder nach seiner Façon. Gemein ist allen die rasch hingeworfene Erkärung, zur Umstellung von Tagesabläufen oder die ersatzweise Erledigung der Arbeiten im Dialog mit dem fernen Vorzimmer. Kapazitätsplanungen für Mitarbeiter, Strategiepläne, sanft gehauchte Gedanken zu einem gerade geteilten Liebeslager lassen dieses Zufallsstück zu einem Augenblickskunstwerk werden. Dann allmähliche Ruhe, die Mobiltelefone verschwinden wieder in Taschen bzw. werden zur schriftlichen Begleitung per sms noch kurz zur Hand genommen.Ohrstöpsel der i-Pods und mp3-Player wandern wieder in die Ohrmuscheln.
Das sanfte Grollen des durch die Tunnelröhren rasenden ICE dominiert, nun drängen die visuellen Informationen, etwa die angezeigten Zuggeschwindigkeiten oder voraussichtliche Ankunftszeiten in den Vordergrund.
Das Verkehrsräderwerk läuft nun. Die Gesichter spiegeln die Erschöpfung eines Tages zwischen Kaffeetogopappbechermüdigkeit am Morgen und der Chilloutloungemusik an der Ohrmuschel für den abendlichen Ausklang, dem Traum von sanften Wohlklang, dem Verstummen der Telefone, einer allgemeinen Erschlaffung von Akkus und einer Ruhe, die zur entspanntesten Form der akustischen Begleitung führt: Der Stille.
(Im ICE zwischen Montabauer und Siegburg)
Gesendet: Sonntag, 6. August 2006 15:14
An: '
Betreff: Tja, wer noch mal wissen möchte, wie es in Bensberg aussah...

Anbei ein paar Impressionen von heute aus Bensberg. Es war herrlich. Aber es gibt immer noch ein paar Bücher, Ballet, Segeln und die unsterbliche Mädchenbuchserie „Elke geht ihren Weg..." usw., nebst Uraltatlanten und Lateingrammatiken, die auf die stolze Aufnahme in Euern Fundus harren.

Viel Spaß, hier geht der Ernstdeslebens für die Kinder bald wieder los,

EuerM


Gesendet: Dienstag, 1. August 2006 19:34
An:
Betreff: Zwei Männer und ein Baby
In dem Film, irgendwann in den 80er, den ich dann als 10. Wiederholung im TV gesehen habe, ging's es nach dem ersten Schreck bald recht munter zu. Heute war ich bei Martin und irgendwie schien mir der Arme sich von dem zweiten Schreck noch nicht richtig erholt. Eher trübe, nicht greifbare Stimmung, die sich schlagartig wandelte als meine Powerschwester in die Wohnung kam, Alma nicht mehr schrie sondern schlief  und Ida ganz kuschig wurde und Onkel Markus auch noch ein Abschiedsküsschen auf den Mund drückte.

Umzug mit den Hövels, mit denen wir ja auch seinerzeit in die Meckenheimer Allee zogen. Hilfe habe ich angeboten, mehr war nicht drin.

Im Verlag war es relativ ruhig, lauter Konzernbehördenkram, damit ich meine Herbst- und Wintertitel durch Finanzgeflecht lotsen kann.

Die Handwerker waren mittags fertig, irgendwie scheint es voran zu gehen. Das Klima war angenehm, nach dem WM- und Urlaubssommer, passend zum ersten Tag der Marathonvorbereitung, zu der ich aber heute Morgen zwei Schweinehunde totschlagen musste.

Zurück daheim traf ich Kim ganz aufgeräumt mit Don an, beim üblichen  Multitasking, Tschätt 'n, Fernsehen, Brennen. Jetzt allerdings machen Sie Nudeln, so bleiben mir noch drei Minuten, ehe die Poscht weggeht

Erhol Dich gut, viel Spaß bei den Fotos, die ihr doch sicher anseht, oder?

Schönen Abend, gute Erholung, bis morgen am Telefon.



Gesendet: Montag, 31. Juli 2006 18:57
An:
Betreff: Fernbaustellen
der erste Tag ist noch nicht vorbei, keine Ahnung, wie es auf unserer Baustelle aussieht, nur gut, dass ich das nicht kontrollieren brauche. Bauherr wäre ich nur, wenn die Kohle egal wäre.
Baustellen sind mein Leben derzeit, Dich vielleicht ausgenommen.
Im Verlag wird offen über mein neues Büro spekuliert, wahlweise Baucontainer, Mehrplatzbüro oder zu Hause mit Dslanschluß. Ist mir wurscht, hauptsache, es gibt Schmerzensgeld und ich muss den polternden Carell nicht länger erleiden. Nina meldete sich aus La France zurück und schickte mir gleich ein verträumtes Foto, das der Weltklasse-Still Photographer von ihr auf der Bettkante gemacht hatte. Wurde zwischen "Herrsauerwaldsindsie fürherrnknauerzusprechen (blöde Frage, Hörer her) und Mittagspause im Schrebergarten von Nina in eine Bilddiskussion verwickelt ("Deine ehrliche Meinung"). Habe dann was Nettes geschrieben, ziemich kurz, aber Nina fand sich alt und faltig und zu amerikanisch und da war ich dann mitten drin in der Wechseljahrproblematik und da bin ich ja noch nicht mal auf Barmermitgliedszeitschriftniveau. Habe das dann abrupt beendet und gesagt, das war ein Liebesfoto und als Liebender sieht man was anderes als ein übermüdeter Flugreisender mit Klimaschock. Und ch hätte esmir als Lover in die Geldbörse getan.
Haben uns dann zu Spike Lees Malcolm X-Film verabredet, zusammen mit Kim.
Mit Kim treffe ich mich gleich in der Stadt zum Kino. Und welchen Treffpunkt schlägt er mir als seinen Zweitpapi vor? Das Beethovendenkmal! Wir gejen in Davincicode, endlich mal ein gemeinsamer Nenner. Nachmittags rief die Wanderbaustelle Jürgen an, nachdem ich mich für sein Kommen bedankt hatte. Seine Mutter war von meinem Buch begeistert. Wer hätte das gedacht, wahrscheinlich war sie seit Jahrzehnten unter ihrn Möglichkeiten geblieben. Meine Meinung zu .Mirka? Naja, da hatten wir ja schon eine gemeinsame Bewertung gefunden.
Dazwischen habe ich gearbeitet. So gut es ging, es ging so gerade. Auf dem Rückblick ein tolles Interview mit Wolfgang Balk, meinem alten Verlegerkollegen bei Fischer und seit 10 Jahrem dtv-Verleger: Wider der Standardisierung durch Medienkonzerne..
Wenn doch alles so einfach wäre wie mit Dir. Rein ideologisch und dem Gefühl mach, dann wäre unser Leben eine wunderbar ausgebaute Landstraße durch eine grüne, mal südliche, mal skandinavische Landschaft mit ein paar Holzveranden, Küstenwanderwegen und Mozartorgelabende bei anschließend selbstgelesenen Wein.
Aber ein bißchen ist es ja so mit Dir, Dein Foto zeigt mir mein inneres Bild und Dein glückliches Lächeln an einem kühleren Sonntagmorgen. Also alle Flatterbänder aufgerollt. Unsere ja, im Flur daheim braucht's noch a bisserl.
Servus, meine Liebe.

Von: Gesendet: Freitag, 21. Juli 2006 14:37
An:
Betreff: Flipflops im Grenzbereich - La Madrague Juli 2006
die südfranzösiche Küste ist nicht gerade bekannt für feinsandige, menschenverlassene Strände. Eher denkt man an ein Nebeneinander a la Monaco mit Meer, Kurvenbeauties, bollidenbedröhnten Asphaltbändern und bewirtschaftete Strandschirmabschnitte. Die Cote d' Azur der Gegend um La Madrague allerdings überraschte mit einer gänzlich neuen Stranderfahrung. Und das kam so. Mit dem Schiff befuhren wir im unvermeidlichen Touristentreck die Calanques. Das sind eine Art Fjorde, die sich über einen Küstenabschnitt von 20 km von Cassis bis Marseille erstrecken und Augen und Sinnen ein ungeahntes Naturerlebnis bescheren. Türkisblaues Wasser, steil nach oben ragende Kalkfelsen, die gegen Ende in sanfte Buchten auslaufen. Dass diese aber nur von ganz wenigen Menschen bevölkert werden, liegt einzig daran, dass diese nur über abenteuerliche, alpine Wege zu erreichen sind. Und damit scheiden die beflipfloppten, Kühlboxentragenden und die üblichen Strandzerstreuungsspielgerätemitführer aus. Dachte ich wenigstens. Da wir auch nicht über ein vor La Madrague liegendes Boot verfügten, machten wir uns an einem frühen Morgen auf und reihten uns in den täglichen Calanquewandertross ein, die überwiegende Zahl mit schwerem Schuhwerk und berucksackt.
Zugang zu den Felsenfjorden gibt es nur bis 11, danach je nach Brandgefahr reglementiert und von Naturschutzgebietsrangern freundlich und hilfsbereit überwacht.
Also auch für uns, frischauf, der Berg ruft, mit Wasserflaschen, geschmierten Baguettes erklommen wir mit den Kindern felsige Bergpfade. Die glattglänzenden abgewetzten Felsen nahmen einem freiluch gleich die Illusion, das wir eine winzige Minderheit seien, die sich dieser Strapaze aussetzen würde. Aber unsere Kinder, die das bergsteigerische allenfalls im Namen tragen (Trenkerluis) oder in der TV-Doku gesehen haben, war dies eine neue Erfahrung. Eingedenk der üblichen Ferienmeldungen, "Berliner Familie in Adiletten aus der Eigernordwand gerettet", hatten wir die Kinder und uns selbst mit dem erforderliche Rüstzeug ausgestattet, um die einstündige Klettertour zu übernehmen Und den Weg unter den Füßen war auch klar, dass eine großes Erstehilfeset, vielleicht auch eine Pistole mit Signalmunition keine schlechte Ausstatung wäre. Aber wie eine Fatamorgana kannuns am steilsten und glitschigsten Stück eine Franzosenfamilie in Flipflops, Kühlbox und Kind auf dem Arm den Abhang runtergestochert. Am Handy wurden zugleich noch ein paar Dispositionen für den Abend getroffen. Mein Erstaunen wäre nicht geringer gewesen, wenn ich nach erfolgreicher atemmaskenlosen Erkletterung des Mounteverest dort schon eine heitere Franzosenrunde nach der ersten geleerte Roséflasche angetroffen hätte.
Naja, unten in der Calanque angekommen, entfalteten sie noch allerlei buntes Strandinventar...
Luis am Ziel war allerdings ziemlich ratlos: er verstehe garnichts, und was man hier denn solle, dafür die ganze Anstrengung und dann noch nicht mal eine Eisbude. In jedem Fall ging es in der Calanque sehr französich zu. Ein milder Wind und wirklich türkises Wasser, schräg gegen das Wasser laufende Steinterassen und auf dem Rücken im Wasser liegend eine imposante garnicht bedrohlich wirkende Kathedrale aus Stein. Hier und da noch Hafenanlagen der Römer, die diese natürlichen Buchten natürlich auch schon für sich zu nutzen wussten. Thea und Kim erklommen dann noch das Plateau der Calanque für eine grandiose Sicht aufs Meer, die Kim ausrufen ließ, "ich bin der König!".
Zurück bei seinem Fußvolk galt es die desillusionierte Jugend wieder die Wand hochzubitten in der vagen Aussicht, doch noch wie Moses in der Wüste einen Felsen mit zischender Cola zu finden. Naja, klappte dann tatsächlich, denn am. Küstenfernwanderweg sind in regelmäßigen Abständen kleine Bretterbuden mit Erfrischungen zu Monopolpreisen anzutreffen. Doch statt mit dem Stock wie in der Bibel funktionierte das nur mit dem Geldbeutel. Aber nie schmeckte die Orangina, die Cola oder der Eistee köstlicher.
Zurück im Auto über die "Route de Crete", einer der grandoiosesten Autostraßen, die ich befuhr auf bis zu 400 Metern hohen Klippen mit wunderschönen Aussichten auf Meer und die grüne Provence. (Da schicke ich Euch demnächst mal eine Googleearthansicht)
Überhaupt war das satte Grün der Weinfelder, der Gebirgskämme, die zur Meerseite schroff und zum Landesinnern sanft abfielen, ein hervorstechendes Merkmal dieser Gegend.
In der kleinen Bergstadt La Cadiere fanden Thea schon früh eine wunderbare Bar. Gestern besuchten wir sie zum letzten Male, während die Kinder durch die Gassen streiften und vor der Mairie mit einem kleinen Franzosenjungen Eier, Butter, Milch spielten in der Sprache, in der sich Kinder in aller Welt verstehen,dem Lachen, Imitieren und Mittun. Wir zahlten unseren letzten Rosé und das Eis der Kinder, fuhren durch die gewundenen Straßen an der alten Ölmühle vorbei.
In Gedanken noch waren wir beim Sonnenuntergang, den wir in 400 Metern Meerehöhe auf dem Bergfried der Kapelle von Beausset Vieux erlebt hatten und uns einen Blick auf unsere gesamte Welt der letzten drei Wochen geboten hatte.
Drei Wochen, die aber auch einfach profane Erholung boten, packende Tennismatches mit Jürgen, Trainerstunden mit Kim, Boulerunden am Abend und einem zunehmend entspannteren Tagesablauf zwischen Meer, Wasserpolo und Tourdefranceübertragungen.
Natürlich haben wir auch die diversen Familienschlachtfelder mitgenommen. Widerwillig erfüllte Arbeitsdienste und das übliche Sachenchaos, aber natürlich auch all das Schöne das die Kinder mitbringen, Ihre Kontaktbereitschaft, Luis, der sich fast in de Nähe des goldenen Schwimmabzeichens gepaddelt hat, Kim, der keine Sportveranstaltung ausgelassen hat und sich in drei Wochen mit Jungs und Mädels der Hapimagkernnationen Deutschland, Schweiz und Niederlande sozialisiert hat und Ella, die bestimmt die meisten Freundschaften geschlossen hat und zur festen Assistentin der Kinderanimateurin Julia wurde.
Thea und ich genossen die Zeit auf einer Art Privatfelsen im Meer, der zuletzt von einem einheimischen Fischer annektiert wurde und uns wundervolle private Momente bescherte.
Die Bücherseitenbilanz war prima. In der zweiten Woche sorgte Jürgens Besuch nicht nur für willkommene Abwechslung, sondern unvergessene Abende bei exquisiten Weinen und leichter provençalischer Kost. Nebst endlosen Geschichten aus der Welt eines karrieremachenden Meßdienerleiters, der viele philosophische und profane Fragen zu bewegen weiß und unseren Kindern wunderbare Zeiten in"Jogis Kinderpension" in Aussicht stellte.
Das sanfte Licht Arles', das sich in den Hinterlassenschaften der Römer verlor und den Reiz auf die Maler vergangener Epochen spürbar werden ließ, gehört zu den ebenfalls in Erinnerung bleibenden Eindrücken.
Kims Flipflops sind nach dreiwöchigem Dauereinsatz am Pool, Strand, Volleyball sichtbar am Ende Ihrer Haltbarkeit. In Frankreich wären sie immer noch prädestiniert für eine mehrtägige Calanqueerwanderung, bei uns werden Sie wohl bald die gelbe Tonne finden. Die drei Wochen von La Madrague freilich werden für die Alltagswanderungen daheim als Ausstattung für jedes Terrain bleiben.

Von:
Gesendet: Mittwoch, 21. Juni 2006 12:00
An: ferien@ga-bonn.de
Betreff: Der perfekte Tag mit meinen Kindern Ella und Luis vor ein paar Tagen im Kottenforst

Toll, Ihre Serie, den letzten Urlaub haben wir in Bonn verbracht, das Wetter war schlecht und doch haben wir so viel Schönes erlebt. Hier meine Beitrag, den Sie gerne in Ihre Serie aufnehmen dürfen:


Am Morgen ist der Kottenforst wie frisch aufgeräumt. Die Sonne blinzelt über die großen Weiden des Annaberger Hofes, der Habicht zieht seine Runde, in der Ferne verschwinden Rehe im Waldsaum.

Mit meinen Kindern mache ich mich auf, kreuz und quer durch den Kottenforst. Wir wohnen in Ippendorf, die Anfahrt ist nicht weit. Vorbei an den Gehegen der Waldau, durch den Kopfbuchenwald, Richtung „Professorenweg". Ein ewig langes Wegband zieht sich durch den Wald, Paradies für frühe Jogger und Inlineskater und eben uns. Rechts am Weg drei Ameisenhaufen, gut geschützt durch einen kleinen Zaun des Försters. Waldarbeiter kreuzen den Weg,  es duftet nach frischem Holz.

Noch zwei Kilometer, dann sind wir am Jägerhäuschen. Früher Rastplatz für die Pferde des Kurfürsten auf der Jagd, heute ein Paradies mit Tischen und Bänken zur Rast und ideales Gelände für Versteckspiele der Kinder.

Wir packen die Brote und die Thermoskanne aus.  Richtung Ippendorf, an den Fischweihern vorbei, geht es zurück. Am Kinderheim „Maria im Walde" tauchen wir wieder in die Stadt ein, an der Endhaltestelle steht der freundlich gelb lackierte „Goldsaft"-Bus des SWB.

Urlaub für eine Stunde, mitten im Alltag, ein perfekter Tag wird das.




Gesendet: Dienstag, 13. Juni 2006 20:50
An: 
Betreff: Vorlesung an der Universität Münster
er habe schlecht geschlafen, meinte Professor Saenger, der mir eine Doppelstunde "Rechtsgestaltung" spendierte für meine Vorlesung, aber fürchtete, dass wegen des herrlichen Sommerwetters und Fußball-WM nur wenige Studenten kämen.
Der Hörsaal war bis auf den letzten Platz besetzt. Ich schaute in eine Schar verschwitzter, teilweise ernst, teils freundlich dreinblickender Studenten. Kurze Vorrede meines Gastgebers, dann gings gleich los. Umhängemikro und Overheadprojektor standen zur Verfügung, prima, das erlaubte mir gehend ein wenig Kontakt zum Publikum aufzunehmen. Lernziel für heute, Mind Mapping verstehen, zur Diskussion reizen und ein paar Bücher verkaufen.
Leicht wurde das nicht. So eine wogende Studentenmasse hat eigene Gesetze. Unruhenester, unmotiviertes Kichern und lautstarkes Verlassen des Hörsaales. Ich war irritiert, zwang mich aber, mir nichts anmerken zu lassen und es löste offenbar auch keine Lawine aus. Nein, ein strenge Studiosa, wahrscheinlich Klassenbeste,stellte kritische Fragen, meldete aber auch Zweifel an der Technik an. Aber auch da blieb das Auditorium ruhig und hörte mir geduldig zu. So kam der Nachmittag in Gang und mit jeder Frage lief die Veranstaltung von selbst. Manche legten ihre Kollegblocks quer und strichelten, andere zeichneten meine Zeichnungen ab und ich dachte, so ist das also, wenn andere Deine Geistesfrüchte nach Hause tragen. Nach 75 Minuten schaute ich auf die Uhr und läutete die Schlußworte ein. Schade, vorbei. Noch wollte ich mich auf ein paar Schlußgespräche einstellen, aber schnell leerte sich der Hörsaal, Anpfiff Frankreich - Schweiz!
Mein Gastgeber begleitete mich zum Prinzipalmarkt, eine kühle Apfelschorle und sein Eingeständnis, mit diesem Zuspruch nicht gerechnet zu haben.
Ach Münster, früher läuteten die Glocken von Lamberti oder es regnete aus allen Kübeln, jetzt ist entweder ne gewesenes Schneechaos wie im vergangenen Winter oder ein Tropentag und die Studenten kommen trotzdem. So schaffen wir den Klimawandel.

Gesendet: Mittwoch, 31. Mai 2006 21:38
An:
Betreff: Lesereisen Hamburg und Leipzig.pdf

Ihr Lieben,
der Mai war sehr stressig, aber meine Erlebnisse in Hamburg und Leipzig nebst einigen Fotos will ich Euch nicht vorenthalten. Echte Höhepunkte in meinem noch kurzen Autorenleben. In Leipzig standen überall Veranstaltungsplakate, da waren Roger Willemsen und ich groß abgebildet. Naja, da komme ich auch noch hin.
Ansonsten ist im Verlag natürlich schon jetzt kein Stein mehr auf dem andere, aber das ist dann mal eine Extrabetrachtung wert, auch das überstehe ich als Marathoni noch.
Servus
M


Betreff: Lesereise Teil II - Leipzig
Im Osten der Republik gehört Leipzig zu den Leuchttürmen. Eine halbe Millionen Einwohner, Verlags- und Messestadt, der größte und schönste Bahnhof Europas, jedenfalls bis zur Eröffnung des neuen Berliner Hauptbahnhofs.
Als ich 1989 zum ersten Mal kam, im März, lag über der Stadt ei braunkohlemilchiger Schleier über der Stadt. Zwar war mab selbstbewußt als Bürger der montäglichen Demonstration "wir sind das Volk" aber die für eien Westdeutschen typische Depression lag über allem.
Gganz anders gestern: ein Sommertag, ein pulsierender Bahnhof, der sich fertiggemacht hat für seine Fußballgäste, strasenbahnansagen zusätzlich in Englisch und Französisch und Scharen von Einheimischen, die am markanten sächsisch schnell auszmachen sind und Touristen, die sich durch die fein hergerichtete Innenstadt schlängeln. In der bunten Mischung üblicher Gewchäftssketten entdecke icj noch ein paar Überbleibsel aus den sozialistischeb Zeiten, auch "versorgungstechnische Einrichtungen" erblickt man. An der Nikolaikirche hängt noch ein Transparent für die jüngst im Irak freigekommemen deutschen Geisel: "Gott sei Dank! Die Geiseln sind frei."
Mit der Tram fahre ich nach Leipzig-Plagwitz, einem großen geschlossen Gründerzeitviertel mit herrlicher Jahrhundertwendearchitektur, zum Teil wunderbar renoviert mit viel Geschäftigkeit auf den Straßen. Unmittelbar an das Viertel grenzt das Connewitzer Holz, einem wunderbatren Auenwald. Dieser und der kleine Clara-Zetkin-Park sind an duesem sonnig warmen Tat bevölkert von Menschwn aller Altersklassen neben den ublichhrn Bildern biertrinkender Halbwüchsiger fallen aber auch die aus der Reihe der üblichen Kleidungsuniformierung gekleideten Menschen auf, deren Habitus und Verhalten noch deutlich die Herkunft aus einem an Äußerlichkeiten wenig interessierten, dafür autoritären Staat erinnern.
Ein solcherart geprägtes, etwas streng wirkendes Studentenpublikum sizt mir in der Buchhandlung Llehmanns in der Grimmaischen Straße gegenüber. Bildungshungrige Menschen, aber doch eon wenig respektvoll, das ernst meinen Ausführungen lauscht. Im Publikum als kleinen Referenz

Von:
Gesendet: Freitag, 5. Mai 2006 08:06
An:
Betreff: Lesereise nach Hamburg
Das juristische Seminar der Universität Hamburg ist ein moderner, mit heiterer bunterer Glasfassade versehene, Bau. Auf verschiedenen, offenen Ebenen stehen den Studikern moderne Arbeitsplätze zur Verfügung, die ihnen schon einen treffenden Vorgeschmack an ihre künftigen informationsreichen Arbeitsplätze vermitteln. Notebook, Mobiltelefon oder PDA gehören zur selbstverständlichen Ausstattung. Umso erstaunlicher, dass an einem ungewöhnlich frühsommerlichen Bilderbuchabend die juristische Fachbuchhandlung Mauke weit über 50 Studenten zu einer abendlichen Lesung in seine Buchhandlung gewinnen konnte. In der eine handwerkliche Technik ohne Einsatz elektronischer Kleinwerkzeuge demonstriert wurde (Dass sie tatsächlich gekommem sind und nicht an die Ostsee gefahren sind, scheint für das Thema zu sprechen, sagte Buchändlerin Andrea de Groot zu Beginn meines Vortrages).
Wie man mit der komplexen Materie Recht umgeht, das bewegte tatsächich die Studenten verschiedenster Semester. In kurzem Worten und mit Flipchart (einer Art Riesenschreibblock auf einem Stativ) erklärte ich die Technik des Mind Mappings an einem einfachen Beispiel. Als Navigationssystem fürs Gehirn war es am wohl am treffensten im Jargon der Zeit ausgedrückt. Von dem Moment folgten die jungen Juristen, begleitet von skeptischen Zwischenfragen, etwa, wie man vier Seiten Mitschriften ohne Steno auf ein Blatt bekäme. Naja, diese Einwände kenne ich natürlich, aber mittlerweile enden sie damit, dass ich ihn anhand einer Skizze zeige, dass auch "Der Dreißigjährige Krieg" recht übersichtlich auf ein Papier gebracht werden könne. Das sind die Momente, wo solche Veranstaltungen in Fahrt kommen und ich mir vorkomme, so wie ein Verkaufsvirtuose in der Fußgängerzone, der fingerfertig den Allesraspler für Obst und Gemüse präsentiert und blütengleich geschnitzte Radieschen hervorzaubert, woraufhin das Publikum nicht nur den Raspler, sondern auch ("Nur heute, meinedamenundherren") eine prallgefüllte Tüte mit Schneidbrettchen und Entsafter nach Hause trägt, der Fußgängerzonenimpressario dafür eine Tüte Geld.
So war es auch am Ende des dreiviertelstündigen Vortrages. Mit Verweisen auf ein paar weiterführende Beispiele im Buch gingen die meisten Besucher mit meinem kleinen Bändchen (Frau de Groot strahlte) nach Hause und haben es vielleicht, wie ich ihnen vorgeschlagen habe, das Mind Mapping gleich auf dem Bierdeckel ihres Alsterwassers ausprobiert.
Ich hingegen legte den "Edding" aus der Hand und ging mit Theas Hamburger Studienfreundin Gislinde (die im Verlauf des Vortrages auch ib die Buchhandlung gekommen war) auf ein paar Drinks in eine nahgelegene Bar und genossen auf Polstern auf einer Steinterasse einer weißen Bürgervilla unter norddeutschen Menschen den zweiten lauen Abend, den die Republik in ihrem Endloswinter erlebte. Das Glück für mich war vollkommen, als wir spontan zu einer Feier der Bar eingeladen wurden, die zur Begrüßung ebenjener raren lauen Lüfte auf zwei einfachen Grills Berge von Leckereien zubereiteten. Manchmal gibt es so Tage...
Es war spät und immer noch lau, als ich meinen Koffer ratternd über den kopfsteinbeflasterten Gänsemarkt zog. Morgen ist ein anderer Tag, da wird nach 190 Jahren Heymanns begraben. Die Abteilungsleiter des alten Unternehmens werden heute vor einer Betriebsversammlung über die nächsten Schritte informiert. Ich bin gespannt auf die Vorträge, jetzt bin ich Zuhörer und hoffe auf ermutigende Aussichten und nach vielen Jahren der kriselnden Anspannung auf wieder entspannte Biere nach der Arbeit.
Der Bahnsprinter gleitet an sattgrünen Feldern vorbei, Windräder paddeln eifrig vor einem makellosen Himmel. Es wird schon gutgehen, soll das wohl sagen. Erquickt, motiviert beginne ich heute also das Neue.
Zwischen Hamburg und Bremen aus ICE-Sprinter

z. Zt. unterwegs
Von:
Gesendet: Mittwoch, 5. April 2006 13:17
An:
Betreff: Zäher Flug Von Berlin bis Frankfurthbf
die ganze Flugherrlichkeit verkehrt sich ins Gegenteil, wenn sie sich zusammensetzt aus einer Abfolge von Warten, bewegen, warten, verbunden mit der Gängelei, die zur Produktivitätssteigerung und Zerstreuung mitgeführten Geräte bisweilen wieder auszustellen, um unmotivierte Abstürze des Fliegers über der A3, nur weil ich gerade "Effi Briest" in meinem ipod höre, auszuschließen.
Wie gut, wenn traditionelle Mittel, ein Notizbuch und Stif die elektronischen Bermudalöcher überbrücken helfen....
In diese muntere Mail platzte der Verkauf von Heymanns, nun immerhin die erste Reise unter neuer Flagge und schon komme ich im Flitzecity nach Frankfurt neben Niederländern zum Sitzen.
Die Geschichte von Effi, die ich zeitbedingt eine Weile unterbroche habe, entwickelt sich nicht zum Guten. Ich sollte eoch mal langsam auf etwas erbauliche Literatur umsteigen.
Nun aber bei Kaffeeundkuchen zum Ehepaar Giese, denen ich vorsorglich Deine besten Empfehlungen entbieten werde.
Es grüßt Dich in sehnsuchtsvoller Erwartung Dich in sommerlichen Zweiteiltextil mit Stützapplikationen schon bald wieder ansichtig zu werden.
Servus, Dein für immer
Markus

Gesendet: Mittwoch, 4. Januar 2006 21:12
An: Betreff: Königspalast
Die Sonne schien am Freitagmorgen, noch nicht ganz strahlend, aber doch hell genug nach einer ersten guten Nacht zu Fuß Richtung Königspalast zu gehen. Im Retiro gediegendes Seniorenpublikum und einige Schulkinder zum Dauerlauf. Über den Plaza de Cibeles gingen wir Richtung Gran Via, hielten uns aber dann Richting Puerta del Sol und von dort durch die Altstadt zur Plaza Mayor. Nun war fast kein Wölkchen mehr am Himmel und der Platz war nur wenig bevölkert. Schließlich erreichten wir die Oper, umrundeten sie und wärmten uns im alten Café Oriente auf. Luis bei einer heißen cremigen Schokolade, ich bei einem Cafe con leche. Wenige, eher nach Kulturadel aussehendem Publikum bevölkerte Tresen und Tische. So vergingen dreißig angenehme Minuten ehe wir uns in den Palacio Real begaben. Der Palast ist eigentlich wie überall eine Aneinanderreihung von rechteckigen Zimmern mit plüschigen Dekor und an die Wand gestelltes Mobiliar. Die Eingangstreppe war mit weiten Stufen längst nicht so elegant wie der Zugang zun Kapitol, wo man mit ähnlichen Tricks die Ankommenden zu würdevollen Schreiten zwingt. Dann kommen ein paar Räume mit Wandteppichen. Hier immerhin wurde der Beitritt Spaniens zur EU im Jahre 1985 unterschrieben. Schon der nächste Saal war ein Thronsaal für Herrn und Frau König, noch immer zum Neujährchen für das diplomatische Corps genutzt. Danach ging es in Varianten weiter, Ankleidezimmer (ungemütlich), Arbeitszimmer (düster, uninspirierend). Aber was soll's, richtig gearbeitet haben sicher andere. Nett war noch ein Porzellanzimmer und der Billardraum, fast neben der königlichen Kapelle. Achja, eine Apotheke gab es auch, die Gefäße noch ohne Firmenaufdrucke, aber sicher nicht mehr auf der Höhe der Zeit ausgestattet. Wir gingen zurück auf den im gleißenden, durch den Kalksandstein besonders hell erleuchteten Hof. Naja, einmal reicht, der König wird schon wissen, warum er in Escorial lebt.
Mittags sollte es in eine Bar geben, aber entweder gab es nur Fisch oder es war Luis zu voll, weil wir in eine ungeheure Pilgergruppe gerieten, die traditionell am ersten Freitag im März eine Kirche aufsuchten, um einen Christuszeh zu küssen. Laut Zeitungsangaben schlängelte sich der Menschenstrom über einen Kilometer durch die Gassen. Als wir in einiger Entfernung die Kirche passierten, war gerade die Königin am Zeh, aber das las ich erst Tags darauf in der Zeitung und erklärte die unerträgliche Sirenenuntermalung. Zu essen bekamen wir bei Burger King und Luis fühlte sich doch ein wenig heimischer bei Doble cheesburger.
Bei Cristina daheim war von Geburtstagshektik nichts weiter zu spüren. 8 Flaschen Bier hattte sie schon vergebens für mich gekauft (das machten Elena, Braschant und Maru schnell nieder), einen Zitronenkuchen am Vormittag gebacken. Ich ging nochmal in den Retiro, weil das Wetter immer noch recht angenehm war und stieß erst später zur versammelten Geburtstagsgesellschaft mit Ana, Maru, Maria und Braschant, Juja und Luis Fer, Carli und Elena und ein paar Kindern. Man saß recht sauerländisch zusammen, sah sich am TV Fotos von Familienfeiern an, sprach dem Bier zu oder trank Kaffee. Die Gesellschaft zählte, Geschenke nahn ich außer ein paar Blumen nicht wahr. Cristina und Johannes durften zur Feier des Tages ins Kino, weil ich die Aufsicht über die Kinder übernahm. Aber der Abend war angenehm. Philip las mir eine Auswahl deutscher Kinderwitze vor, Mauri spielte am PC und Luis las im Bett Tim und Struppi. Um 12 verschwand ich neben Luis in den Federn. Ein harmloser Touristentag war zu Ende, Luis atmete ruhig, Kopfschmerzen hatte er nicht und schlecht war ihm auch nicht. Er wird also reiserobuster.

Gesendet: Samstag, 4. März 2006 15:43
An:
Betreff: Madrid an einem Sprühregensamstag am 4. März 2006
Kennzeichnung: Zur Nachverfolgung
Kennzeichnungsstatus: Rot
Sprühregen in Madrid stellte zwar eine Verbesserung zu unserem Schmuddelwetter war, aber so blieb bei allen gutem Willen eigentlich nicht mehr übrig, als sich nach einem Museumsprogramm umzusehen. Für Luis sahen wir uns nach einem multimedialen Technikmuseum um, ich freute mich auf einen weiteren Besuch des Prado. Am Morgen hatte ich mit Johannes drei Runden durch den Prado gedeht und die städtisch durchgestylte Joggersociety getroffen. Schon nach den 8,2 km gingen wir ziemlich durchgenässt Zeitung und Baguette fürs Frühstück holen. Mit Cristina ging ich anschließend zum Supermarkt und lief die Regale nach einmaligen, spanischen Produkten ab. Aber selbst ib der Haushaltsabteilung, wo man auf landesübliche Gerätschaften hoffen kann, wurde ich diesmal bis auf einen unambitionierten Zahnstocherständer und superlangen Haushaltsstreichhölzer nicht fündig. Mit Schirm bewaffnet durchquerte ich erneut den Retiro, steuerte auf den Prado zu und began mich in dieses backsteinummantelten Schatzkästlein. Die Marmorstatuen gleich zu Beginn stimmen feierlich. Wieviel Zeit, Muße und Handwerklichkeit steckt in diesen Stücken? Doch dann steuerte ich direkt auf Dürer zu, sein Selbstbildnis ist mit seit Kinderzeit bis in die letzte Falte bekannt, weil wir ein 1.500-Teile Puzzle dieses Gemäldes besaßen. Auch Adam und Eva waren schön anzusehen. Aber soviel Heimweh hatte ich nicht und so entschied ich mich direkt zu El Grecco zu gehen. Faszinierend sind für mich seine langgezogenen Figuren und die Kühle seiner Farben. Nichts wärmendes, keine Hoffnung, kein Trost, aber viel Botschaft: Davor stehend zogen die Menschen vorüber, schon ein wenig müde vom Erdgeschoss. El Grecco ließein wenig frösteln, weiter zu Goya, nur ein paar Schritte weiter. Goya ist vielseitig, ein Gemäldekarikaturist und Hofmaler zugleich. Wunderschön dekorativ moderne Bilder mit Szenen vom Hof, vermutlich mit kleineren Anspielungen. Daneben zur Finanzierung gefällige Auftragsportraits, die sich deutlich vonden ansonsten überzeichneten Personendarstellungen abhoben.
Über die Castillana brausen die Verkehrsströme wegen der nassen Straßen noch ein wenig lauter. Ein normaler Samstag in Madrid. In den besseren Vierteln herrscht der übliche Wochenendaufbruch der mit dem üpigen Eibkauf zu beginnen scheint. Schön: dass selbst hier, fern vom Meer die ganze Fischvielfalt angeboten wird und fachkundig auf Eis präsentiert wird. Das Haus ist längst von den südamerikanischen guten Geistern geputzt. Die Bars füllen sich mit Männern, gestikulierend bei Cafe und Zeitung, Kinderwagen mit Pastiktüten werden durch den Retiro geschoben, die guten Geister des Retiro fahren mit Kehrmaschine über die Hauotwege, hier und da wird allem Wetterunbill zun Trotz ein neues Bike ausgefahren. Mauricio nach abgesagter Skifahrt und Philip in Rekonvaleszenz vergnügen sich daheim. Ich verlasse die Bar, der Regen prasselt unvermindert nieder, ein Reisebus gegenüber entlässt weitere Menschen in die Kunst Und fast scheinen die Farben Madrids von El Grecco angemischt...

Von:
Gesendet: Donnerstag, 2. März 2006 19:08
An:
Betreff: Durch die Sperre in 45 Sekunden
Diesmal war es ein Klacks durch die Sperre zu kommen. Wir liessen alle metallischen Gegenstände in die Tasche regnen und gingen piepfrei durch den Sicherheitstriumpfbogen. Langer Abschied durch die Klarglassicherheitsbarrieren, kurzer Blick auf das aktuelle Satellitenbild, das einen wolkenfreien Blick auf die iberische Halbinsel zuließ, ein Abstecher in den Zeitschriftenladen für ein Geolino und ein Fußballmickymaus, damit die spanischen Jungs an der aktuellen Sprachentwicklung teilhaben können. Dann der Start bei inzwischen bestem Winterwetter, der mit geübtem Blick direkte Sicht auf Bensberg, Dom und Müngersdorfer Stadion bot. Möglich war uns dieses Erlebnis, weil wir tatsächlich als Erste den Jet betreten durften, eine taufrische Bunte in die Hand gedrückt bekamen und uns in der ersten Reihe mit firstclass Beinfreiheit gemütlich einrichten konnten. Soweit gibt es wirklich nichts zu meckern. In Bezug auf das Besichtigungsprogramm einigten wir uns auf Palacio Real und Altstadt, werden aber natürlich noch die Empfehlungen der Einheimischen berücksichtigen.
Der Luftbuscofahrer hat in seinem üblichen gelangweilten Lagebericht immerhin satte 11Grad und Sonne in Aussicht gestellt. Da will ich Dir auch nicht unseren Zustand verheimlichen. "Ja, guten Abend, wir befinden uns gerade links über dem Eifelturm, die Durchatemwerte bei Luis sind normal, ansonsten ist der Unterhaltugswert an Bord bescheiden, da das Navi am Kabinenhimmel leider nicht ausgefahren ist. Aber Du wirst von mir vermisst und ich würde mich freuen, schon bald wieder als Gast in Deinem Bett begrüßt werden zu können, denn wie Sie wissen, pay low, love high...., naja Du weißt ja.
So, ich schick das jetzt aus den Flieger, mal sehen, ob der Skymarshall aus der Verkleidung springt... Ich habe mich getraut, aber habe hier in 10.000 Meter Höhe keib Netz gefunden, eigentlich auch schön, fass es noch handyfreie Zonen gibt, also schick ich es mit spanischer Briefmarke, claro?

z. Zt. unterwegs
Von:
Gesendet: Donnerstag, 2. Februar 2006 15:55
An:
Betreff: Hände hoch
Früher als Flugreisende noch umschwänzelte Exoten waren, denen man das privilegierte Reisen im Flugverkehr durch ausgewählte Speisen und kostenfreie Lektüre besondes angenehm gestaltete, hätte man sich nie vorstellen können, auf Flugplätzen wie ein gemeiner Strauchdieb behandelt zu werden.
Arglos näherte ich mich für den BusinessflighthlxX33135 nach Berlin der Sperre, die einstmals gemeines vom herausgehobenen Publikum trennte. Kaum hatte ich meine Ledertasche auf auf das früher nur aus Supermärkten bekannte Förderband gelegt, wurde mir statt eines anheimelnden Gutenmorgen nur barsch Laptop?? Entgegengeschleudert. Indigniert schwieg ich während man mir wortlos, wie vor dem Antritt einer längeren Haftstrafe, ein graues Plastikkästchen entgegenhielt, in das ich meine letze Habe, Geldbeutel, Handlich (Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen Mobiltelefone mit einem nichtexistierenden englischen Fantasiewort zu belegen?), Schlüssel hineinzulegen hatte. Ich durchlief eine Art Türrahmen, früher war er sicher zu Ehren des Fluggastes blumenumkränzt, und wurde mit einem rauhen HÄNDE HOCH empfangen. Huch, denke ich, jetzt wissen Sie, dass ich wieder ohne einen Pfennig Geld reise, das macht mich verdächtig. Gürtel öffnen. Habe ich bitte gehört?, denke ich in eine ahnungsloses Köttersecuritygesicht und denke, wie damals in der Referendarausbildung im Hochsicherheitstrakt, wo man den Häftlingen gleich den Gürtel auszog, damit sie sich nicht abseilen oder selbst an der Heizung richten würden. Mit einer leicht rutschenden Anzugshose stehe ich wie ein ertappterFremdgänger vor einer Köttersecurityhostess, die mich mit dem Ergebnis ihrer Durchleuchtungsaktion konfrontiert: "Ihre Swisscard!" Eine Schweizer Kreditkarte?, ich?, da würde die halbe Schweiz bauchhaltend am Boden liegen. "Ihre Swisscard haben wir gefunden." Mit rutschender Hose stehe ich vor der Sicherheitsdomina und hebe unschuldig die Hände. Von ihrem Messer müssen Sie sich jetzt leider trennen. Iwo denke ich, bin doch nicht blöd,wie soll ich im Berliner Großstadtdschungel bestehen? Nein, sage ich beherrscht mit inzwischen wieder geschlossener Gürtelschnalle, ich gebe es als Gepäckstück auf. Nein, das geht nicht, zu klein. An mir schwebt chanelduftwolkig eine Businesswoman vorbei, das luftige Täschlein tanzt an ihrer Taille. "Ich habs, denke ich wie Wickie. Ein Mann von Welt hat doch sein Handgelenkstäschlein. Ich schaue in meine Tasche, ein Pappumschlag zum Versenden von Büchern, noch offen, fördere ich zu Tage, lasse meine Schweizer Messerkarte hineingleiten, verschließe den Klebefalz. Die Sicherheitsherrin schaut unschlüssig, aber fügt sich dann. Leider müssen Sie dann zurück an den Schalter. Klaro, soviel Zeit muss sein und anstandslos verschwindet mein pappernes Handgelenkstäschlein auf dem schwarzen Förderband. Ich gebe mir die hohe Fünf für diesen Einfall, muss aber zur Strafe den Sicherheitscheck wieder durchlaufen. Nun leider lässt man mich die Peitsche spüren, wieder alles von vorne, wieder Gürtel auf, aber diesmal auch die Schuhe ausziehen. Wieder kein "Bitte". Dann aber, geschafft. Ich bin durch, mein Messer ist gerettet.
Im Flieger belohnt mich herrlichste Sonne über einem dichten Wolkenmeer, die Anspannung löst sich, die Hände sinken in den Schoß. Endlich wieder in Freiheit. Am, Flughafen werde ich vom einer Kollegin abgeholt, sie gibt mir die Hand, Guten Morgen, guten Flug gehabt? Nein, denke ich."Ja!", sage ich. Hauptsache frei während ich meine Swisscard für Berlin aus dem Handgelenkstäschlein, äääh Umschlag fingere.
Auf dem Flug zwischen Berlintegel und Kölnbonn

Von:
Gesendet: Donnerstag, 26. Januar 2006 21:30
An:
Betreff: Feierabend
Als der liebe Gott das Ruhrgebiet erschuf, hatte er noch nicht an die Studenten gedacht. 1965 eröffnete man dann die Ruhruniversität in Bochum, indem man eine überflüsssige Autobahnabfahrt in eine Ansammlung hässlicher Langbaute leitete. Dann lockte man unter irgendwelchen windigen Versprechen junge Menschen aus dieser bildungsfernen Gegend und garnierte dier Bildungsenklave mit dienstbaren Geistern aus der Region, die Kaffee kochten uind Schnittchen für die Studenten schmierten. Heraus kam eine Malocheruni, wie es sie in Deutschland nur einmal gibt.
Zur Antrittsvorlesung meiner Autorin Tatjana Hörnle hatte ich Gelegenheit diese Bildungsstatt im Echtzeitbetrieb zu erleben. Die Ubahnstation Ruhruniversität schaufelt die Studenten auf eine imposante, einen Ruhrschnellweg überspannende, Brücke mitten ins Herz des angjährtern Campus. Die in die Jahre gekommene Architektur wurde an diesem Tag von der milden Schneedecke und einer warmen Wintersonnenbeleuchtung abgemildert. Aber kein Zweifel, Beton hält keine 1000 Jahre, eher nur zehn. In einem sogenannten Campuszelt ist die Post und ein Copyshop untergebracht. In einer Art Flur mit Arbeitsamtsoptik findet man die Cafeteria. Ich stelle mich für eine Cola und ein Mandelmars an, das mir anstandslos ausgehöndigt wird. Um mich sitzen Studenten, um ihre juristischen Arbeiten zu diskutierten. Da ruft eine schneidende Stiomme FEIEEEERAAAAABEBND. Huch, ich schaue auf die Uhr, 16.30 Uhr, da werden doch nicht die Gäste gemeint sein, sondern nur das Personal des Schichtwechsels begrüsst. Pustekuchen, sie meine es ernst! Systematisch wird das Arbeitsamt, äääh Uni von Studenten befreit, schön aufhören zu denken, jetzt ist Schicht, der Steiger kommt. Ich schaue mich um, die Studenten, die noch eben alle Tische bevölkerten sind WEG, sie haben es zur Meisterschaft im Spurtdenken gebracht. Bis 16.29 Uhr laufen sie Hochtouren, dann haben Sie in zwanzig Sekunden ihre Aralbonusrucksack von Voelkl gepackt und ham sich vom Acker gemacht. Ich trolle mich ins Freie. Auch die mobile Dönerbude neben der Mensa packt zusammen. Innerhalb kurzer Zeit ist die Uni menschenleer.
Ich habe den Verdacht, dass hier das Studium im Nebenjob betrieben wird, im Hauptberuf fahren die Studenten noch in den Schacht ein oder arbeiten bei Schlecker oder der Bogestra.
Zur Antrittsvorlesung meiner Autorin kamen dann auch kaum Studenten, die mussten ja arbeiten, sondern Wegefährten aus anderen Teilen Deutschlands.
Durch den kalten Waschbeton pfeift der Wind "Bochumichkommausdir". Und so gesehen ist Bochum der wahrgewordene Chancengleicheitsozialistentraum, eine Schleckerkassierin mit Physicum, erworben an Deutschland einziger Malocheruni. Gut gemacht, lieber Gott, der Welt ginge es besser mit mehr Bochums.


Gesendet: Sonntag, 11. Dezember 2005 21:57
A
Betreff: Luis ist Messdiener!
Als Johannes und ich im Jahre 1973 Messdiener wurden, gab es keine besondere Veranstaltung. Auf einmal erschien man auf dem Messdienerplan, den mitzunehmen schon ein kleiner Höhepunkt war. Ich hoffte, in einer meiner Lieblingsmessen meinen Namen zu entdecken und wünschte, dass es nicht der Sonntagabend sein würde.

Erst einige Jahre später führte ein neuer Kaplan die feierliche Weihe ein und obwohl ich da schon einige Jahre Messdiener war, durfte ich dabei sein und bekam eine Plakette. Aber einen Start, wie Luis ihn heue hatte, gab es für uns damals nicht.
Nun 32 Jahre nachdem ich den Dienst am Altar begann, wurde Luis in einem feierlichen Gottesdienst neuer Ministrant in St. Barbara in Ippendorf. Luis hatte nach der Kommunion mit dem Unterricht begonnen. Unter Leitung des Diakons und vier älteren Messdienern der Pfarrei kamen Sie Woche für Woche zusammen. Luis hatte an diesen Termin immer selbst gedacht und trotz des Zeitdrucks seiner vorangehenden Klavierstunde fast nie eine Unterrichtseinheit ausfallen lassen. Es wurde aber nicht nur gelernt. Mal fuhr man nach Köln oder in Kirchen und Altersheimen der Großpfarrei, mal ins Kino oder demnächst sogar zum Weihnachtsmarkt.

Die lange Vorbereitung schloss mit einem Test mit zum Teil kniffligen Fragen, die Luis aber beantworten konnte. Die letzte Hürde war genommen.

Sein Weihetag, der Dritte Advent 2005, 11.12.2005, war ein sonniger kalter Wintertag. Im Jugendheim wartete die große Schar von fast dreißig Neumessdienern darauf, dass Sie in Ihren Sonntagskleidern zur Kirche geleitet wurden. Über den Mittelgang zogen sie ein. Nach der Predigt wurden Sie einzeln beim Namen aufgerufen und traten vor den Altar.

Schließlich legten sie, Ihr Straßenkleid ab und vor den Augen der Gemeinde legten Sie Talar und Rochette an. Die älteren Ministranten waren dabei behilflich. Im Halbkreis stand die Schar nun hinter dem Altar. Nachdem Pfarrer Norbert Windheuser die Plaketten gesegnet hatte und sie jedem Einzelnen umgehängt hatte, stattete er einen Teil der Neulinge mit einem liturgischen Gerät aus. Luis bekam das Behältnis mit dem Weihrauch. Gemeinsam standen alle Messdiener der Pfarre dann während der Eucharistiefeier im großen Kreis um den Altar. Ein schönes Bild in der sonnendurchfluteten Kirche.

Der Gottesdienst währte lange, denn zugleich wurde ja auch eine adventlicher Liturgie mit allen Liedern dieser Zeit gefeiert: Macht hoch die Tür, Wachet auf, ruft uns die Stimme. Und so eilten die neuen „Minis" am Ende der Feier eilig durchs Hauptportal, wo eine große Schar aufnahmebereiter Kameras auf sie wartete.

Wie ihr seht, kam ich etwas zu spät und man begab sich schon wieder ins Innere für die nächsten Erinnerungsfotos.

Ein schöner 3. Advent und ein fröhlicher neuer Ministrant. Herzlichen Glückwunsch und Gottes Segen, Luis!



















Gesendet: Montag, 5. Dezember 2005 15:51
An: 'Thea C. Francke'
Betreff: Vier Unternehmergatinnen im Abteil oder wer liest eigentlich GALA?


Von: Markus J. Sauerwald [mailto:sauerwald@heymanns.com]
Gesendet: Montag, 5. Dezember 2005 10:03
An: 'Thea C. Francke'
Betreff: Maakie (s) e x k l u s i v!!!! Vier Unternehmergatinnen im Abteil oder wer liest eigentlich GALA?

Immer habe ich mich schon gefragt, wer liest eigentlich GALA? Seit heute habe ich eine Ahnung. Hamburger Unternehmerehefrauen auf Shoppingtour in die prickelnde Rheinlandmetropole Köln.

Die Umstände für tiefe Einblicke in die Seelen von hanseatischen "desperate housewives" konnten nicht besser sein. Eine Dame des munteren Mittvierigerquartetts belegte meinen reservierten Platz und musste mir ein wenig entgegenkommen und über den eingenommen Sitzplan verhandeln. Ich verzichtete auf meinen Fensterplatz und ordnete mich auf einem Platz an der Abteiltür ein.

Umgehend änderte sich die Atmosphäre im dichten Zweitklassenabteil. Männer wirken Wunder. Man blätterte in einem bekannten Hochglanzmagazin. Jede Seite „Gala" bot Anlass zu diesem und jenen Thema aus der heilen Welt des verbliebenen Geldadels. Die Küchenausstattung Nicole Kidmanns konnte mit der eigenen verglichen werden und meist waren die Berichte gekrönt von der Erkenntnis, dass alle Gerätschaften, die in den Hollywoodheimen stehen auch in den Außenalsterheimen zu Diensten stehen. Das reichte von dem 1000-Euro Thermocooker bis hin zur Senseomaschine, eine Kaffeemaschine, in die man ein Kaffezäpfchen einführen muss, durch das heißes Wasser gepresst wird und eine Tasse Kaffee aufbrüht.

Bei meinem Palmi traf ich allerdings auf eine Bildungslücke. Ich erklärte, dass sei so eine Art logopädisches Managerlegospielzeug. Doch dann wurde in meiner Gegenwart das volle Programm abgefahren, das dann doch recht bald nachdenklich stimmte oder nur als Versuch gewertet werden konnte, einen graulippigen Geschäftsreisenden aus der Reserve zu locken. Oder was bedeutet es, wenn eingehend der Marie Jo Einhefter begutachtet wird und die Leibwäsche auf Tragefähigkeit diskutiert wurde? Die Modelle mit den schnürchenbreiten Gesäßpartie stießen nirgendwo auf Zustimmung und ich frage mich inzwischen, wer außer Models und Verzweifelten diese Dinger überhaupt trägt. Leider, man glaubt es kaum, zwischendurch ein Anruf bei der Nanny, ob Christian seine Tennisstunde wahrgenommen habe.

Freude äußert man, dass Tom Cruise wieder glücklich liiert ist, keine Häme, echtes Mitgefühl unter gefühlt Ihresgleichen.

Noch schwingt meine Freude über den durch Euch hart errungenen Frankreichurlaub nach, da fällt auch schon der Begriff, der alle Illusionen zerstieben lässt: Kampen! Ich höre noch Jens und Silvester und schon läuft der nächste Film. Auf meinem I-pod schwingt sich Barenboim im Mozartschen Klavierkonzert in höchste Höhen und ich bekomme nicht alles mit. Es raschelt die Gala und in der "alleswirdgut"-Stimmung wird mit dem Galahoroskop der Verlauf der kommenden Tage in den Blick genommen.

Und schließlich, ich hätte wetten können, irgendwann wird die erste meiner Damen Unternehmergattin auf Toilette. Man macht sich frisch, seit Hamburg sitzt man im Zug. Fahrkarte war ein Bahnspecial, die der normale Mensch ja nie abgreift, weil sie zur spätvormittäglichen Champagnerstunde ins Netz gestellt werden.

Dass ich aus Köln komme, freut sie, aber man höre es nicht. Auch meine Bemerkung, zu Weihnachtseinkäufen würden ich lieber nach Hamburg fahren, in Köln sei alles immer so prollig, verunsichert sie nur kurz, denn der Rheinländer an sich sei ja fröhlich. Ich spreche eine Empfehlung für den Weihnachtsmarkt am Alter Markt aus, der sei nicht so zugig und schlage einen Besuch am Vormittag im Brauhaus Früh vor. Auch der Dom mit den sterbliche Überresten der Heiligen Drei Könige solle nicht ausgelassen werden, die Geschäfte .so wiederhole ich mich, hingegen gäbe es in Hamburg schöner und regengeschützter. Bestenfalls haben sie mich an diesem Punkt für eine Haraldschmidtversion von Millowitsch gehalten.

Gala ist durch, die Themen auch, der Zauber in einem IC Zweitklassenabteil älterer Bauart auch in den Gängen gut gefüllt mit Menschen, deren Rücken sich platt an das Trennglas pressen, begrenzt tauglich, der Phantasie nachzuhelfen und aus dem Frühabend eine gelackte Galareisereportage zu machen: Sanft glitt der IC an rußigen Gasometern und fauchenden Hochöfen dem lieblichen Rheintal entgegen. Der livrierte Kellner brachte... (haha, ein Typ mit Preisen auf dem Sweatshirt nuschelt Kaffeewassertee und war weg).

Alles wird gut, sage ich mit männlichem Timbre, Köln HBF!, vorbei an Hürth, Brühl, Sechtem geht es in die Bundesstadt, die Stadt die niemals schläft, wer's hier macht, macht es überall, sang das nicht Frankie…?

Servus, so long, hummelhummel, Dein Galan



Gesendet: Samstag, 30. Dezember 2006 16:45
An: T

Betreff: Hamburg kurz vor Jahresschluss 06 Teil 1 Das Miniatur Wunderland
Wir brachen zu unserem Silvesterwochenende in Hamburg um Viertel vor sechs auf und konnten durch ausladende Belegung des Abteils die im Ruhrgebiet zusteigenden Ruhrpottpaargruppen mit Voralkoholisierung bis Hamburg fernhalten. Thea machte sich mit Gislinde bei Schmuddelwetter sicher in eine wärmende Teestube auf. Mit den Kindern besuchte ich - lang versprochen - die Modelleisenbahnausstellung in der Speicherstadt, ein wahrgewordener Männertraum im Maßstab H0. Das überaschende waren weniger die erstaunlichen Landschaften, die dort auf unüberschaubarer Fläche hingezaubert wurden, sondern die vielen kleinen Geschichten, die dort erzählt wurden. In einer Gebirgslandschaft standen Wanderer, Einheimische und der Weihnachtsmann an einem Klohäuschen an, in einen Sonnenblumenfeld liebte sich ein schütter bekleidetes Pärchen, während sich bereits der Mähdrescher näherte. Unweit davon ermittelte die Polizei im Fall einer Wasserleiche, in der Ferne brannte ein Wald und ein. Intercity rauschte an einem Rummel vorbei. Das Auge konnte dies alles kaum fassen.

Selbst Las Vegas, eine amerikanische Canyonlandschaft mit vielen hübschen Ideen, etwa einer Parade liessen staunen. Es wurde Nacht, die Lichter leuchteten und auf dem nahen Highway brausten die Trucks über die Asfaltbänder oder kamen an Ampeln zu stehen. Selbst in das Innere eines Bergwerks konnte man blicken und den Arbeitern mit ihren leuchtenden Stirnlampen bei der Sprengung zusehen, die Ella auf Knopfdruck auslöste. Das zu Tage Geförderte wurde in endlosen Zügen durch eine verschneite Landschaft abtransportiert und zu einem Ostseehafen gebracht. Und hier fand echter Schiffsverkehr statt auf wirklichem Wasser. Im klaren Meerwasser erblickte man Taucher, die nach Schätzen fahndeten und Wale, die durchs Wasser tollten. Als kleiner Gag war ein Unterwassertunnel für Züge eingerichtet worden.

Auch Hamburg war in vielen Details nachgestellt, am Erstaunlichsten vielleicht das Hamburger Volksparkstadion, vor dessen vollbesetzten Rängen das Lokalderby St. Pauli gegen HSV stattfand mit funktioniernder Videowand, fahnenschwenkenden Fans, Geräuschkulisse und lebendigen Spielständen. Auf einer Showbühne ein paar Straßen weiter konnte man den spaßenden Komedian Atze Schröder bewundern.

Auf zwei Etagen entsteht demnächst die Schweiz. Das Grundgerüst aus Holz mit einer sich über 8 Meter Höhenunterschied erstreckenden verschlungenen Gleisführung war schon beeindruckend. Schon jetzt arbeiten sich die Züge über unterirdische Spiralen ziemlich in die Höhe. Auch ein paar Einblicke in die Werkstatt konnte man nehmen. Kleine itralienische Dörfer, eine nachgebaute Fanmeile oder ein funktioniernder Autoscooter standen auf den Tischen. Außerdem Fotos und Bildbände von Alpenlandschaften, damit beim Modell nichts dem Zufall überlassen wird.

Klar, bei so viel Gewusel kann das Auge irgenwann nicht mehr und erschöpft verliesen Ella, Luis und ich die Speicherstadt. Normalerweise gibt man spätestens jetzt den Traum von der Anlage im Keller auf, aber paar Tage später verliert mancher Mann dann doch die Nerven und kleistert die erste Kibri-Bahnhöfe zusammen und merkt erst nach ein paar Wochen, das die Ehefrau das gemeinsame Heim bereits verlassen hat, ehe der erste Vollzug den Modellbahnhof Knuffingen ansteuert. Aber die Gefahr besteht bei uns nicht, wir haben keinen Hobbykeller!




Von:
Gesendet: Dienstag, 2. Januar 2007 21:02
An:
Betreff: Passage Pastor und Programme - Hamburg Teil 2
Nach der Modelleisenbahnwuselei war ich für einen samstäglichen Passagenalleingang hinreichend konditioniert. Das stürmische Jahresendwetter lud ein den Weg durch die Passagen Hamburgs einzuschlagen, deren Zugänge durch mobile Berlinerstände markiert waren, wo man sich mit dem obligaten Hamburger Jahresendweckchen verziert mit Schornsteinfegern, Glücksschweinchen und Kleeblättern ins neue Jahr naschen konnte. Gosch und andere Fischfeinkostler hatten eine Handvoll Austern und Moet im Angebot und die Pöseldorfer belagerten stehtischeweise die inneren Kreuzungspunkte der Einkaufszentren. Beim letzten Tag des Jahres ging es ja nur vordergründig um das Einsparen der Mehrwertsteuer, vielmehr um Details wie das passende Burberryeinstecktuch, den Porschedesignmetabobohrer oder eine in feines Leder gefasste Golgscorecard. Aber überall glückselige Geschäftigkeit, den in den Tagen zuvor quollen tagesschau und heutejournal nur über vor Positivmeldungen.

Zurück im feinen Walddorf Volksdorf böllerte die jeunesse dorée bereits seit Tagen im Vorgriff auf üppige übertarifliche Taschengeldsteigerungen, die für 2007 in Aussicht stehen würden.

Bei Gislinde gab es eine exquisite Raukensuppencreation, die beim Edelitaliener im Kubus am Jungfernstieg nicht unter 'nem Fuffie auf den Damast gekommen wäre. Bei uns ging es nur wenig weniger gediegen zu, aber zum Abschluss gab es mit den Kindern und den Erwachsenen ein heiteres Unospiel.

Silvester hatte man mir die Teilnahme am schon zum 23. Male ausgetragenen Teichwiesenlauf gegönnt, der nach Volksdorfer Sitte auch kostümiert absolviert werden konnte. Ich umkreiste vier Mal die feuchten von Einheimischen gesäumten Wiesen, überholte Gnome, Hexen oder einen nur mit zu knappen Badetusch beklkeideten Saunisten, eine Halbe Runde von Luis eskortiert, die Ziellinie, wo als Lohn eine Urkunde, ein Berliner und Glühwein auf die Aktiven wartete. Das haute ganz schön rein, liess aber das Jahr sportlich zufriedenstellend enden.

Zum Jahresschluß hatte Gislinde die malerische Dorfkirche von Bergstedt ausgesucht. Ganz mit bäuerlichem Schnitzwerk und Ziegelaltar ausgestattet, an bot sich ein Hauch von heiler Welt. Aber die Gemeinde selbst litt noch an den Folgen der unfreiwilligen Denmission des Vorgängers kurz vor Weihnachten und der interimistisch eingesetzte Subsidiar beendete das Jahr mit einer Mischung aus Gebet, Orgelmeditation und Literaturlesung und bot damit allen etwas. Das war ein schöner Abschluss, den wir mit dem üblichen Silvesterauftakt mit Dinnerforone begannen und in einem gemütlichen Pfännchenessen am Tisch fortführten, ehe wir die bis Mitternacht verbleibende Zeit mit heiterem Kartenspiel überbrückten. Dank unserer Uhren erkannten wir 2007, denn wegen des Volksdorfer Dauerfeuers in den Tagen zuvor war an der Raketenabfeuerfrequenz kein eindeutiger Jahresbeginn erkennbar. Die Kinder entzündeten einige Wunderkerzen, wegen des starken Windes flogen manche Raketen ohnehin eher horizontal in 20 Metern Höhe.

Den Rückweg in unserer Schlafquartier traten wir auf den battaillonseise abgefeuerten Raketenresten ab, während letzte verbliebene Kräfte noch matt asthmatisch klingende Chinesenkracher absetzten.

Das Frühstück am Neujahrstag hatten wir zur besten Brunchzeit terminiert und so den Nachmittag frei für eine Hochbahnreise. Durch Hamburg, wo wir anfestlich beleuchteten großbürgerlichen Weihnachtsstuben vorbeiglitten, die Reeperbahn unterquerten und mit kühnen Schwung in den Baumwall schwenkten und den grandiosen Blick auf den Hafen genossen. Am Rathaus stiegen wir aus, statteten dem ersten Schnellburgerrestaurant in der Mönckebergstraße einen unbeholfenen, weil speisekartenunvertraut, Besuch ab und machten uns auf den Heimweg.

Bei Spaghetti, leichtem Wein und letztmaligen Kartenspiel beschlossen wir den Abend.

Gislinde hatte uns ein rafaelloleichtes Programm geboten, das Raum für Gespräche mit Thea und kleinen hausmeisterlichen Tätigkeiten für mich bot. Danke, liebe Gislinde.









Betreff: Rheinneckarfahrt

Liebe Thea,

Endlich mal was Poisitives, ein durchunddurch beseelter Heimatkundebericht.


Deutschlands Zugstreckenklassiker Mainz-Koblenz liegt seit paar Jahren abseits der Hochgeschwindgkeitsmagistralien. Umso schöner ist das Wiedersehen von Zeit zu Zeit. Was hat sich getan nach all den Jahren?

Die Mainzer haben einen grundrenovierten Bahnhof, kurz hinter der südlichen Tunnelausfahrt nach dem Bahnhof wurde ein römisches Theater freigelegt. Die vielen Eisenbahnerschrebergärten zwischen dem Schienennetzen tragen noch die Beflaggung aus dem letztjährigen Sommermärchen, zeigen sich aber ansonsten von aktuellen Baumarktmoden verschont. In Bingen flattern Sonnenschirmchen, zwischen Rhein und Schiene gedrängt, erwartungsvoll feierfreudigen Wochenendgruppen entgegen. Das Niederwalddenkmal oberhalb von Rüdesheim thront stolz an den grünen Hängen des Rheingaus. Die weiße Flotte der Bingen-Rüdesheimer fährt noch mager besetzt über den Strom. Eine gut instruierte Touristengruppe zückt pünktlich bei Rheinkilometer 554 die Digitalkamera, um dem Mythos Loreley aufzuspüren. Rechtsrheinisch verschwindet ein endlos langer Güterzug in der zinnenbekränzten Tunneleinfahrt. Vor Koblenz trutzt trotzig der Atommeiler Kärlich. Um einen kunstvollen Kiosk der Kaiserzeit funktionsbekleidete Bestager mit stolzen Tourenräder bei der Trinkpause. An einen kleinen Sandstrand ein junges Paar, auf den Fluß blickend. In Ufernähe eine Gruppe von vier Paddlern stromabwärts gleitend. Die Niederheimbacher Autofähre setzt mit einem Fahrzeug an Bord zum anderen Ufer hinüber. In Bacharach erinnern Häuser und Fassaden an eine reiche Sekttradition und an die Zeit als sie das Rückgrat der deutschen Kriegsflottenproduktion bildeten. Nun wird nur noch die Uferstraße erneuert. Die Burg Kaub schaut playmobilhaft von oben auf Rhein und Landschaft. Noch immer ist die Landschaft schön und in diesem Teil noch nicht unesco-geschützt.

In Heidelberg hingegen, dessen Gesamesemble mit Schloß, Stadt, Neckar und Landschaft aus Laiensicht über jeden ästhetischen Zweifel erhaben ist, beklagte man am Mittwoch das abschlägige Votum der Unesco zum Weltkulturerbestatus. Meinetwegen, Heidelberg ist auch so schön und hat auch in den 21 Jahren, nachdem ich es verlassen habe, nicht an Ansehnlichkeit eingebüßt. Die Weststadt zeigte noch die Fassaden der Gründerzeit und selbst inzwischen überholte Emaillegeschäftsschilder werden von den Nachmietern genutzt. Eine von Moden freie Stadtmöblierung und Beschilderung wäre an sich weltkulturerbwürdig.

Am und auf dem Neckar die gelenkten Verkehrsströme der Binnenpendler und -schiffer, lief alles auch alles gepflegt weltkulturerbmäßig. Die gewaltigen Doppeldecker aus Ipswich und Monza wurden am Ortseingang von einem mit Kennkarte versehenen Nebenjobler abgefischt und mit Parkkarte versorgt, während die Fahrgäste als Schlange formiert dem hochgereckten Schirm folgten.

Der Neckar öffnet sich zum Rhein in einer weiten Landschaft, in der man bei gutem Wetter - igitt würde die Unesco sagen- die Doppelatomkraftwerkstürme von Biblis sehen kann.

Ach, wie gut, denke ich, dass die Unesco-Weltkulturerbeabteilung wahrscheinlich so ein Beamtenhaufen ist, die die Delegationen wahrscheinlich in einem klimakillenden klimatisierten Bürogebäude in Durban empfängt und demnächst Disneyland wegen seiner Authentizität unter die UN-zerifizierte Käseglocke stellen lässt. Nein, lieber keine Käseglocke und frische Luft. Und wenn es regnet, dann regnet es.

Ja, wahrscheinlich ist es deshalb so schön an Rhein und Neckar!

Fr, 18 Mai 2007